Landwirtschaftsausschuss: Fachgespräch zum Wald der Zukunft

Was macht den Wald fit für den voranschreitenden Klimawandel?

12. November 2025

MÜNCHEN.    Seit vielen Jahren engagiert sich die Region um Landsberg am Lech für einen nachhaltigen Waldumbau. Mit dem EU-Pilotprojekt „LIFE Future Forest“ hat dort eine Forschungsgruppe mehr als drei Jahre lang untersucht, welche Baumart, unter welchen Bedingungen, auf welchem Boden gut wächst. Über die Ergebnisse des Projekts und was die Politik beitragen kann, tauschten sich die Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus mit Fachleuten aus. 

Auf Antrag der Fraktionen CSU und FREIE WÄHLER, informierten sich die Abgeordneten des Forstausschusses zunächst über konkrete Ergebnisse und darüber, wie der Wald künftig in einem wärmeren und trockeneren Klima bestehen kann. Die Experten aus Praxis und Wissenschaft waren sich einig, dass dazu nicht nur die Bäume in den Blick genommen werden müssen, sondern auch der Boden.

Der Wald: mehr wert als nur das Holz

Ludwig Pertl, Projektmitarbeiter von Future Forest, wies auf die veränderten Durchschnittstemperaturen hin. „Unser Wald von 1950 mit sieben Grad und unser Wald 2050 mit wahrscheinlich zwölf Grad muss unter völlig anderen Bedingungen arbeiten und wirken.“ Entscheidend sei die Bodenbeschaffenheit. Ein Boden, auf dem viele Fichten und Kiefern stehen, sei durch die Nadeln versauert und stickstoffgesättigt, erklärte der Förster. Schädlinge und Stürme könnten den Wald leicht ruinieren. Selbst Buchen und Eichen hätten keine hohe Bodenleistung, denn unter diesen Bäumen entstehe Boden, in dem nur anaerobe Bakterien lebten. Ein fruchtbarer, lebendiger Boden enthalte dagegen rund 50 Regenwürmer pro Quadratmeter. Ein solcher Boden könne auch mehr Wasser speichern. In der Vegetationszeit ist der Wald nach den Worten Pertls zudem ein Regenmacher und er schafft eine enorme Kühlleistung durch die Verdunstung von Wasser. Je besser der Boden, desto höher die Verdunstung, desto effektiver die Kühlleistung des Waldes so Pertls Rechnung. Das spare erhebliche Energiekosten. Man müsse also den Holzpreis „in Wert setzen“, es gehe nicht nur um den potenziellen Wert als Brenn- oder Bauholz. Schließlich klärte Pertl die Abgeordneten auf, dass Laubholz keine DIN-Norm hat und nur deshalb nicht für den Hausbau eingesetzt werden könne. 

Beispiel: Prämienmodell für private Waldbesitzer 

Ein Aspekt den Professor Dr. Stefan Wittkopf von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf aufgriff, war die wichtige Rolle der Regenwürmer. Der Experte für Wald und Forstwirtschaft sprach von 250 Regenwürmern pro Quadratmeter unter einem Bergahorn, unter einer Fichte seien es Null. Diese Tiere zersetzten die Blätter und sorgten für einen lebendigen Boden. 

Ein wichtiges Werkzeug, das im Rahmen des LIFE Future Forest Projekts entwickelt wurde, sei eine Hilfe zur Bewertung des Waldes für jeden Besitzer, gewichtet nach Baumarten und Bodenbeschaffenheit. Realisiert wurde ein darauf ausgerichtetes Prämienmodell für Privatwaldbesitzer in der Gemeinde Fuchstal bei Landsberg am Lech. Dort erhalten Waldbesitzer eines Privatwaldes mit der höchsten Qualitätsstufe 400 Euro pro Hektar jährlich von der Kommune.

Zentrale Erkenntnis Wittkopfs ist demnach: Ein reiner Laubwald ohne Eingriff ist nicht die Lösung. „Unser Life Future Forest-Konzept ist kein Konzept, das irgendetwas mit Stilllegung zu tun hat. Dauerwald benötigt aus unserer Sicht eine ganz intensive Bewirtschaftung.“

Kommunen: Wald sichert Trinkwasserversorgung

Der Frage, wie es nun weitergehen soll, widmete sich Dr. Franz Ehrnsperger. Der zweite Vorstand Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser in Neumarkt in der Oberpfalz forderte, nicht ausschließlich den Holzpreis zugrunde zu legen, sondern auch alles andere, was der Wald produziert. „Ökosystemleistungen des Waldes müssten wertgeschätzt werden. Das ist bisher nicht der Fall gewesen.“ Er warnte, wenn sich in der Struktur nichts verändere, dann gehe er davon aus, dass bis 2050 knapp die Hälfte des deutschen Waldes, der aktuell da ist, nicht mehr existieren werde. Dieses Szenario betrifft nach Ehrnspergers Ansicht vor allem die Gemeinden, weil sie für die Trinkwasserversorgung zuständig sind. Schlechte Böden aber verursachten schlechtere Trinkwasserqualität und -quantität.
In der Pflicht sieht Ehrnsperger neben dem Staat und den Gemeinden auch Unternehmen, die die größten Ressourcenverbräuche haben. Zugleich erkennt er auch Potenziale für die Wirtschaft, beispielsweise durch Nachhaltigkeit als strategische Chance, auch im globalen Wettbewerb. 

Problem: Viele Waldbesitzer mit kleinem Privatwald

„Von den Klimaszenarien laufen wir nicht auf den milden Klimawandel zu, sondern auf den harten“, so Dr. Joachim Hamberger. „Die Wälder, die wir jetzt haben, werden wir massiv umbauen müssen, dass sie mit diesen Situationen zurechtkommen.“ Der Behördenleiter des Bayerischen Amts für Waldgenetik, AWG, in Teisendorf, machte auf die schwierige Situation in Bayern aufmerksam, mit vielen kleinen Privatwaldbesitzern, die man schlecht erreiche. Von 800.000 Waldbesitzern im Freistaat gehörten mehr als der Hälfte weniger als ein Hektar. Die Folge: zu dichte Baumbestände mit winzigen Kronen, einem hohen Schwerpunkt, großer Konkurrenz und geringer Vitalität. 

Laut der Waldumbauoffensive sind bis 2030 im Freistaat 200.000 Hektar Privatwald umzubauen. Geschafft sind bislang 110.000 Hektar. Erfolgversprechende Zukunftsbaumarten neben der Eiche sind Hamberger zufolge Atlas-Zeder und Baumhasel. Wichtig sei aber auch die Herkunft der jeweiligen Baumart. So sei Buche nicht gleich Buche. Mit Praxisanbauversuchen sollen nun bayernweit Baumarten ausprobiert werden, um schnell neue Erkenntnisse zu gewinnen, Bürger einzubinden und das Risiko für Waldbesitzer zu reduzieren. „Der Waldumbau fängt in den Köpfen von 800.000 Waldbesitzern an“, so das Fazit des AWG-Chefs.

Zentral: klimaresiliente Bäume, gutes Bodenmanagement und beteiligte Bürger

Dass ein Waldumbau nötig ist, darin waren sich die Fachleute und die Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus einig. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende Petra Högl (CSU) wies abschließend auf die zentralen Punkte hin, nicht nur die Bäume, sondern auch den Boden und die Wertschätzung für den Wald zu berücksichtigen sowie die Waldbesitzer stärker mit einzubeziehen.

In der Diskussion ging es um Detailfragen. So wollte die SPD-Abgeordnete Ruth Müller wissen, wie man mehr Unternehmen für mehr Nachhaltigkeit gewinnen kann. Für Franz Ehrnsperger, von der Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser ein wichtiges Thema. Er verwies auf das von ihm skizzierte Prämiensystem, das im Gegensatz zu CO2 Zertifikaten nur erbrachte Leistungen honoriere. Das könne man gut kontrollieren. Für die CSU-Fraktion betonte Sebastian Friesinger, dass die Waldwirtschaft nicht nur ökologischen Kriterien genügen dürfe, sondern sich auch wirtschaftlich rechnen müsse. Wissenschaftler Stefan Wittkopf empfahl, für die nötige Finanzierung nach einem Partnership-Modell auch Privatleute und Unternehmen einzubinden. 

Empfehlung: kein Urwald, sondern Dauerwald

Auch für Gerd Mannes von der AfD müssen Ökonomie und Ökologie zusammenpassen. Man brauche einen Nutzwald, keinen Urwald. Das will auch der Experte Wittkopf nicht, sondern ein intensiv bewirtschaftetes System. Er sprach von einem Dauerwald. Mia Goller von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fragte nach konkreten Schritten, was Politiker tun könnten, um den Wald fit zu machen. Der AWG-Behördenleiter Hamberger riet, den Kontakt und Austausch mit Waldbesitzern aufzunehmen, am besten über Forstbetriebsgemeinschaften. Ulrike Müller von den FREIEN WÄHLERN appellierte, die Kommunen für das Thema Boden noch mehr zu sensibilisieren sowie das Wissen in den Waldbesitzervereinigungen breiter zu streuen. 

/ Miriam Zerbel 

 

Randspalte

Seitenanfang