Wie können die Wasserqualität- und Mengen in Bayern auch zukünftig gesichert werden?

Expertenanhörung im Umweltausschuss zur Situation des Grundwassers

15. Juli 2021

MÜNCHEN.    Schutzgebiete und wasserschonende Landwirtschaft: Damit möchte die Politik in Bayern auch in Zukunft für kommende Generationen die hohe Trinkwasserqualität in Bayern sichern. Impulse für die Frage, wie das gelingen kann, gab es bei der Expertenanhörung im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz des Bayerischen Landtags am vergangenen Donnerstag.

Die Ausschussvorsitzende Rosi Steinberger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) eröffnete die Anhörung mit der Feststellung, dass die Grundwasserbelastung in Bayern bereits seit längerem ein Problem sei. Besonders die Belastung durch Nitrat und Pflanzenschutzmittel erweise sich als problematisch. Vor diesem Hintergrund sei die in der Expertenanhörung zu diskutierende Frage nach einer langfristigen Sicherung der Wasserqualität von besonderer Bedeutung und Dringlichkeit.

Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen e. V., Landesgruppe Bayern führte in seiner Stellungnahme aus, dass die Qualität der Gewässer in der Fläche mit einem guten Zustand des Wasserkreislaufs beginne. Nur wenn der Wasserkreislauf intakt sei, könnten hochwertige und reichhaltige Wasserressourcen über die technische Infrastruktur einer Wassernutzung zugänglich gemacht werden. Zwar könne die Wasserqualität beispielsweise auch durch Wasseraufbereitungsanlagen technisch optimiert werden. Dies verursache aber hohe Kosten. Daher sei die Wasserwirtschaft grundsätzlich auf den Erhalt und die Funktionalität des natürlichen Wasserkreislaufs angewiesen, so Braun.

Forderung nach einem wirksamen Grundwasserschutz

Dr. Marlene Gruber, Projektkoordinatorin Landwirtschaft/Grundwasserschutz des Wasserzweckverband Rottenburger Gruppe, forderte beim Thema Grundwasserschutz "mehr staatliche Vorsorge, statt teurer Nachsorge". Die Tatsache, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Bayern mehrere Brunnen hätten schließen müssen, verdeutliche die Notwendigkeit eines wirksamen Grundwasserschutzes. Insbesondere der ökologische Landbau sei geeignet, z.B. die Nitrateinträge zu verringern und so zu einem intakten Wasserkreislauf beizutragen: Denn ein geschlossener betrieblicher Nährstoffkreislauf sei, so Gruber, eines der Kernprinzipien der Biolandwirtschaft.

Prof. em. Dr.-Ing. Wolfgang Günthert, ehem. Leiter des Lehrstuhls für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universität der Bundeswehr, erklärte, dass sich "die Nitratbelastung des Grundwassers aus den Einträgen ergibt", wobei einerseits zwischen diffusen Einträgen aus der Landwirtschaft infolge von Düngung und Einträgen aus der Abwasserbeseitigung unterschieden werden müsse. Andererseits bestünden laut Günthert auch diverse punktuelle Einträge u.a. aus Kläranlagen. Dies gelte es bei der Diskussion um eine nachhaltige Wasserwirtschaft zu berücksichtigen.

Prof. em. Dr. Dr. h. c. Alois Heißenhuber, ehem. Leiter des Lehrstuhls für Produktions- und Ressourcenökonomie an der Technischen Universität München-Weihenstephan unterstrich, dass ein wirksamer Schutz von Grundwasser und Oberflächenwasser ohne umfassenden Schutz der Böden nicht denkbar sei. Böden seien ein zentraler Baustein im Wasserkreislauf, minimierten als Filter und Puffer den Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser und seien zudem eine essenzielle Voraussetzung für den Wasserrückhalt in der Fläche. Gesunde Böden erleichtern nicht nur die Infiltration von Niederschlagswasser in den Untergrund, sondern ermöglichten auch nachhaltiges Pflanzenwachstum, so Heißenhuber,

Qualität des Grundwassers in Bayern über dem Bundesdurchschnitt

Stefan Köhler, Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes, führte aus, dass "der Bayerische Weg beim Gewässerschutz erfolgreich" sei, was sich unter anderem darin zeige, dass die Qualität des Grundwassers in Bayern deutlich über dem Bundesdurchschnitt liege. Laut Köhler bestätige auch der bayerische Nitratbericht 2019 eine konstante bis leicht rückläufige Nitratbelastung im Rohwasser der Trinkwassergewinnung. Mit Blick auf das deutsche Messnetz lagen im Zeitraum 2016 bis 2018 bundesweit rund 17 Prozent der Messstellen über 50 mg/l – im bayerischen Teilnetz seien es dagegen nur rund 6 Prozent, so Köhler. Dies zeige auch, dass die Landwirtinnen und Landwirte bereit seien, "Leistungen für Umwelt- und Naturschutz zu erbringen". Bereits heute würde jeder zweite Landwirt auf jedem dritten Hektar freiwillige Maßnahmen über die Agrarumweltprogramme „Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm und Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm“ (KULAP und VNP) umsetzten. Insbesondere vor diesem Hintergrund sei es nicht gerechtfertigt, dass "die Landwirtschaft häufig als alleiniger Verursacher von Wasserverunreinigungen und Grenzwertüberschreitungen an den Pranger gestellt wird", unterstrich Köhler.

Prof. Dr.-Ing. Frank Kolb, Dekan der Fakultät Umweltingenieurwesen der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, hob hervor, dass Wasserschutz nicht nur ländliche, sondern auch urbane Gebiete in den Fokus rücken müsse. So müssten Stadtgebiete "wassersensitiv" umgebaut werden. Im ländlichen Raum könnten Kooperationsprojekte zwischen Landwirten und Wasserschutzinitativen gewünschte Effekte erzielen. Hierbei gelte das Minimierungsgebot: Die Vermeidung von stofflichen Einträgen in das Grundwasser durch Wasserschutzgebiete sei einer Aufbereitung von Wasser vorzuziehen.

Berthold Niehues, Leiter des Bereichs Wasserversorgung des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) ergänzte, dass ein erheblicher Teil der Wasserschutzgebiete oftmals nicht ausreichend groß bemessen sei: Die bestehenden Wasserschutzgebiete seien häufig zu klein, um eine Resilienz gegen chemische und (mikro)biologische Beeinflussungen bspw. durch die Landwirtschaft oder Starkregenereignisse zu entwickeln. Zum anderen dauere die Ausweisung von Wasserschutzgebieten schlichtweg zu lange, weil unter anderem die Verfahren zu komplex seien, so Niehues. Daraus resultiere, dass die bayerische Wasserversorgung oft ohne Planungssicherheit agieren müsse und damit dringende Investitionen oftmals nur verzögert oder nicht vorgenommen werden könnten.

Maximilian Zinnbauer vom Thünen-Institut gab zu bedenken, dass die Gründe für Nitratbelastungen von Grundwasser vielfältig seien. Neben menschlichen Ursachen würden derartige Belastungen in starkem Maße auch von hydrogeologischen und klimatischen Begebenheiten beeinflusst. Inwiefern frei im Boden vorliegende Stickstoffmengen in das Grundwasser gelangen könnten, hinge nicht nur von der betriebenen Landwirtschaft, sondern auch vom jeweiligen Standort ab. Aufgrund von Abbauprozessen und klimatisch bedingten Verdünnungseffekten könnten daher gleiche Emissionsmengen an unterschiedlichen Standorten zu unterschiedlichen Nitratkonzentrationen im Sickerwasser führen. Eine Gesamtbeurteilung müsse laut Zinnbauer daher unbedingt in Abhängigkeit vom Standort erfolgen.

Dr. rer. nat. Kai Zosseder, vom Lehrstuhl für Hydrogeologie der Technischen Universität München kritisierte die, "in den letzten Jahren erfolgten Personalreduzierung in der Verwaltung", worunter auch die Genehmigungspraxis in allen wasserwirtschaftlichen Fragen leide. Das wichtige Zukunftsthema Grundwasser müsse auch von Seiten der Verwaltung und der Genehmigungspraxis mit "genügend und fachlich hoch qualifizierten Mitarbeitern ausgestattet" sein. Zudem sprach sich Zosseder für ein künftig erweitertes Grundlagenforschungs- und Monitoring-Programm, das wichtige Zukunftsthemen im Grundwasserbereich in den Fokus nehmen solle.

Unterschiedliche Schwerpunkte und Perspektiven bei den Abgeordneten

In der anschließenden Diskussion sagte Patrick Friedl (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), dass der "Bayerische Weg beim Trinkwasserschutz aufgrund einer falschen Agrarpolitik gescheitert" sei. Die Pestizid- und Nitratrückstände im Wasser seien nach wie vor zu hoch. Darüber hinaus seien laut Friedl auch die Beiträge durch Quellen wie z.B. Verkehr zu berücksichtigen.

Eric Beißwenger (CSU), stellv. Ausschussvorsitzender, führte aus, dass nachhaltiger Grundwasserschutz bedeute, Verunreinigungen erst gar nicht eintreten zu lassen. Um die "herausragende Qualität des bayerischen Trinkwassers zukünftig zu sichern", brauche es in Wasserschutzgebieten und Trinkwassereinzugsgebieten eine besonders grundwasserverträgliche Bodennutzung. Deren Umsetzung sei bereits durch Wassergesetze, das Landesentwicklungsprogramm Bayern, die Wasserrahmenrichtlinie und die neue Grundwasserrichtlinie der EU gesichert.

Florian von Brunn (SPD) führte aus, dass eine Erweiterung von Wasserschutzgebieten gesetzlich vereinfacht werden müsse. Die herkömmlichen Reglungen stammten noch aus den 60-iger Jahren und seien veraltet, so Brunn. Außerdem sei der Schutz der Böden vor Versiegelung und Verdichtung, vor Schadstoffen und Erosion eine wesentliche Voraussetzung dafür, auch in Zukunft sauberes Grund-, Trink- und Oberflächenwasser zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe müsse insbesondere vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels mit Nachdruck angegangen werden, so von Brunn.

Christian Klingen (AFD) erkundigte sich nach den Auswirkungen bzw. der Sinnhaftigkeit von Weinbergbewässerung in Franken.

Christoph Skutella (FDP) führte aus, dass auch der kooperative Umweltschutz vor allem auf Freiwilligkeit setzen müsse. Hierzu gäbe es bereits unterschiedliche Formen von Kooperationen zwischen Wasserversorgern und Landwirten. Gemeinsames Ziel müsse die grundwasserschonende Landbewirtschaftung sein.

/ Eva Mühlebach

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