Wirtschaftsausschuss: Fachgespräch zum Thema „Digitalisierung in Bayern“

Donnerstag, 13. Dezember 2018
– Von Simon Wimmer –

Die zweite Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung hatte heute den Schwerpunkt Digitalisierung. Prof. Manfred Broy, Gründungspräsident des http://https://zentrum-digitalisierung.bayern/

Zentrum Digitalisierung Bayern (ZD.B), stand den Mitgliedern des Ausschusses nach seinem Vortrag zum Thema „Digitalisierung in Bayern – Stand und Ausblick“ Rede und Antwort.

Die digitale Disruption von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik war Schwerpunkt Prof. Broy’s Ausführungen. Elemente des digitalen Wandels, wie Hard- und Software, digitale Infrastruktur und Applikationen haben unmittelbare Auswirkungen auf Geschäftsmodelle und Unternehmen. Vom Internet zum World Wide Web „war es wie immer in der Digitalisierung: ein Zufallsprodukt“, so Broy. Ethische Herausforderungen sieht der Präsident des ZD.B in ethischen Belangen: „Was, wenn Maschinen Entscheidungen treffen?“ Broy weist hin auf ungeklärte Perspektiven im Hinblick auf Verantwortungsträger, den Erhalt der Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch hinterfragt Broy die Bedeutung der Digitalisierung für und die Auswirkungen auf Kultur, Bildung, Staat und Menschenbild. In Zukunft werden die Themenbereiche e-Government, Mobilfunknetze und Glasfaserversorgung eine übergeordnete und dringliche Rolle spielen. Prof. Broy wünscht sich einen Diskurs über das „Zukunftsbild einer digitalen Gesellschaft, das die Menschen verstehen und in dem sich die Wirtschaft auch wiederspiegelt.“

Der CSU-Abgeordnete Klaus Holetschek hinterfragt zu Beginn der Aussprache, warum es kein europäisches Internetunternehmen gibt, wie die ethischen Herausforderungen sich gestalten und wie sich die Blockchain Strategie für Bayern darstellt. Für Prof. Broy ist der Grund ganz klar, warum es hier keine Pionier-Unternehmen gibt: „Das Militär hat in USA das Internet historisch aufgebaut. Weiterhin beteiligt sich der militärische Apparat der amerikanischen Regierung stark an der Förderung von Unternehmen und Universitäten.“ Die Digitalisierung des Gesundheitssektors spielt für Broy eine herausragende Rolle: „Elektronische Patientenakten sind dringend nötig“, so Broy. „Nur sind die Patienten dagegen“, legt Broy nach. Es gehe nicht um Ethik allein, sondern vielmehr um Werte für Broy. „Blockachin Initiativen sind positiv zu bewerten, aber überschätzt. Digitalisierung heißt ‚machen‘“.


Bundesweite Strategie für Arbeit 4.0.



Für Annette Karl (SPD) sind die Themen Arbeit 4.0, Digitale Bildung und Digitalisierungsstrategie aus einem Guss bedeutend. Prof. Broy teilt die Einschätzung, dass „Arbeitnehmerbeobachtung, Home Office, Freelancer und Arbeitsrecht in Zukunft eine große Rolle spielen werden.“ Ländereigene Konzepte in puncto Digitalisierung und Bildung lehnt Broy ab, da es „eine bundesweite Strategie brauche“. Für Broy sind Ballungszentren der richtige Raum für Gründerzentren. „Gründerzentren weit draußen in den Regionen sind nicht erfolgsversprechend. Zu viel Förderung und zu weit weg vom Ballungsraum stärkt die Überlebensfähigkeit der Start-Ups nicht.“

Franz Bergmüller (AfD) plädiert für „ein e-Government à la Baltikum“. Er empfiehlt dringend den „Rückstand im Breitband“ aufzuholen. Broy pflichtet dem bei. „Die Arbeit im Baltikum ist beeindruckend. Wir müssen tiefer in das Thema rein. Wir erleben einen Struktur-Mismatch in der Verwaltung.“ Der Breitbandrückstand ist für Broy auf die Deutsche Telekom zurückzuführen, „die lange nur Kupfer verlegt hat, worauf sich der Staat eingelassen hat. Jetzt hinken wir hinterher. Wir brauchen Gigabit-Anschlüsse.“ Dass KMUs stärker an das Netz angebunden werden müssen, steht für Broy „außer Frage“.

Klaus Stöttner (CSU) interessiert sich für das Thema Künstliche Intelligenz. Für den Abgeordneten stellt sich die Frage, wie „wir die Automobilindustrie besser unterstützen können?“. Auch für Prof. Broy „hinkt diese Industrie hinterher in der Digitalisierung“. Er sieht Verbesserungspotential in der Besetzung von Stellen in Führungsetagen der Unternehmen. „Es ist an der Zeit, Köpfe hinzusetzen, die verstehen, was passiert.“  

Benjamin Adjei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mahnt, die „Bürger stärker mitzunehmen“. Für ihn haben Gremien wie die Enquête-Kommission Digitalisierung wenig Wert. Das teilt Prof. Broy: „Wir müssen den Diskurs mit den Bürgern stärken. Das ZD.B ist dafür noch nicht soweit. Hier muss die Politik ran.“ Auch den Effekt der Enquête stuft Broy gering ein, „weil die geheim tagen“. Hier empfiehlt Broy, dass eine stärkere Öffentlichkeit um die Arbeit einer solchen Kommission gebaut wird.

Diana Stachowitz (SPD) hinterfragt die Vereinbarkeit von Demokratie und Digitalisierung und die Verantwortung über den digitalen Nachlass. Für Prof. Broy sind Verwaltungs- und Fakultätsstrukturen „nicht mehr zeitgemäß in aktueller Form“. Er sieht Bedarf an einer Anpassung an das digitale Zeitalter.

Manfred Eibl (FREIE WÄHLER) möchte es vermieden sehen, dass „keine Parallelstrukturen zum Bund“ mit dem StMD aufgebaut werden. Dem entgegnet Broy mit der Frage, wo denn die „Strukturen sind, zu denen Parallelen aufgebaut werden sollen?“


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