Festakt zu 60 Jahre Bayerische Verfassung

30. November 2006

Mit einer Verfassungsfeier „60 Jahre Bayerische Verfassung - 60 Jahre Bayerischer Landtag“ in der Großen Aula der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, erinnerte der Bayerische Landtag gemeinsam mit der Bayerischen Staatsregierung und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof am 30. November 2006 an die Annahme der Bayerischen Verfassung und die erste freie Landtagswahl nach 1932 im Herbst 1946.

 

„Geburtsstunde" des modernen Bayern

Der 1. Dezember 1946 ist die „Geburtsstunde“ des modernen Freistaats Bayern. An diesem Tag nahm die Bayerische Bevölkerung per Volksentscheid die neue Verfassung an. Zugleich wurde erstmals seit 1932 in einer freien Wahl wieder ein Bayerischer Landtag gewählt. 60 Jahre Bayerische Verfassung und Bayerischer Landtag waren Anlass für Rückblicke, Bestandsaufnahmen und Richtungsbestimmungen in die Zukunft. Höhepunkt der Feierlichkeiten war eine gemeinsame Feierstunde des Bayerischen Landtags, der Bayerischen Staatsregierung und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs am 30. November 2006 um 11 Uhr in der Großen Aula der LMU in München. Die Veranstaltung wurde live vom Bayerischen Rundfunk in Hörfunk und Fernsehen übertragen.

 

Rückblick und Ausblick

Am 1. Dezember werden die Bayerische Verfassung und der Bayerische Landtags 60 Jahre alt. Die Verfassung von 1946 ist die Geburtsurkunde" des Freistaates Bayern - allerdings ist die Originalurkunde bis heute unauffindbar! Das ist aber nicht die einzige Besonderheit unserer Verfassung.

 

Ihr erster Entwurf entstand in der Schweiz. Dorthin war der Vater der Bayerischen Verfassung", der frühere SPD-Reichstagsabgeordnete Dr. Wilhelm Hoegner 1933 emigriert. Im Exil in Zürich entwarf er eine Verfassung für ein befreites Bayern. Nach Kriegsende holte ihn die US-Militärregierung nach München zurück, setzte ihn am 29. September 1945 als bayerischen Ministerpräsidenten ein und beauftragte ihn am 9. Februar 1946 mit der Bildung eines Vorbereitenden Verfassungsausschusses". Grundlage für die Arbeit des Ausschusses war der mit dem Staatsrechtler Prof. Hans Nawiasky abgestimmte Hoegnersche Verfassungsentwurf, der nach nur 14 Sitzungen ohne gravierende Änderungen angenommen wurde. So konnte am 30. Juni 1946 eine Verfassunggebende Landesversammlung" gewählt werden - die erste freie Wahl in Bayern nach mehr als 13 Jahren.

Die Versammlung tagte in der Aula der Münchner Universität. Das Ergebnis ihrer um einen breiten Konsens bemühten Beratungen war der Entwurf für eine Verfassung des Freistaates Bayern", der mit 136 gegen 14 Stimmen angenommen und mit wenigen Vorbehalten von der amerikanischen Militärregierung gebilligt wurde. Am 1. Dezember 1946 wurde die Verfassung der bayerischen Bevölkerung vorgelegt und in einem Volksentscheid mit 70,6 Prozent bestätigt. Sie trat eine Woche später mit ihrer Veröffentlichung im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte hatte sich das bayerische Volk damit selbst eine Verfassung gegeben. Diese unsere Verfassung hat seitdem eine starke identitätsbildende Kraft entwickelt und den inneren Zusammenhalt des Landes gefestigt. Grundlage dafür waren die bitteren Erfahrungen aus zwölf Jahren NS-Diktatur, die Eingang gefunden haben in die berühmten ersten Worte des Vorspruchs: Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat. Zu den Vorzügen unserer Verfassung gehört des Weiteren ihre oft verblüffend einfache, klare Sprache. Wie lässt sich zum Beispiel Freiheit" besser definieren als mit den Worten in Art. 101: Jedermann hat die Freiheit, innerhalb der Schranken der Gesetze und der guten Sitten alles zu tun, was anderen nicht schadet." Und wenn es auch manchmal belächelt wurde, so ist doch das in Art. 141 verbriefte, wohl einmalige Grundrecht auf Genuss der Naturschönheiten" und auf Erholung in der freien Natur" ein sehr lebensnaher Beweis dafür, dass die Menschen in Bayern eine ungewöhnlich enge, auch emotional geprägte Verbindung zu ihrer Heimat pflegen. /ste


 

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