Bayerisch-israelischer Freundschaftstag im Bayerischen Landtag

Ein Tag im Zeichen des 75. Gründungsjubiläums des Staates Israel

MÜNCHEN.               Servus Israel, Shalom Bayern! Unter diesem Motto ist das 75-jährige Gründungsjubiläum des Staates Israel im Bayerischen Landtag gefeiert worden. Mehr als 500 Gäste kamen zum Freundschaftstag und diskutierten unter anderem über das deutsch-israelische Verhältnis und die jeweiligen Perspektiven darauf, die Möglichkeiten von Jugendbegegnungen und die aktuelle Start-Up-Kultur in Israel. Ziel der Veranstaltung in Kooperation mit dem israelischen Generalkonsulat war es, die Zusammenarbeit zwischen Israel und Bayern weiter zu vertiefen.

Bei ihrer Eröffnungsrede zum Freundschaftstag betonte Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Verbundenheit zu Israel – gerade auch aktuell. Einige Personalien, Äußerungen und Teile der geplanten Justizreform „irritieren mich“, so Aigner: „Ich sehe das äußerst kritisch, weil auch eine stabile Demokratie sehr schnell Schaden nehmen kann. Aber auch diese Regierung ändert nichts daran, dass ich eine Freundin von Israel bin und bleibe! Ich bin eine Freundin der Menschen in Israel.“ Und diese zeigten bei den anhaltenden Demonstrationen, wie lebendig die israelische Demokratie sei. „Die Existenz Israels ist für mich, den Bayerischen Landtag, die Bayerische Staatsregierung und alle deutschen Regierungen unantastbar!“ Sie stelle sich daher deutlich „gegen jeden, der auf 'Israelkritik' beharrt und in Wahrheit unter diesem Deckmantel nur uralte anti-jüdische Ressentiments kultiviert und gegen jeden, der Israel dämonisiert, delegitimiert oder mit doppelten Standards verurteilt. Dieser Antizionismus ist nichts weiter als Antisemitismus.“

Die Generalkonsulin des Staates Israel, Camela Shamir, betonte die Bedeutung von Formaten, die junge Israelis und Deutsche zusammenbringen. Nur das gegenseitige Verständnis helfe am Ende gegen Konflikte: „Wir brauchen Empathie – und Frieden.“

Eindrucksvoll schilderte der deutsch-persisch-israelische Politologe und Publizist Arye Sharuz Shalicar seinen Lebensweg „vom ehemaligen Berliner Gangster zum israelischen Regierungsbeamten“, der mit 22 Jahren von Deutschland nach Israel auswanderte. Durch die Kenntnis beider Kulturen sei ihm bewusst geworden, wie sehr der Holocaust beide Länder in gegensätzlicher Weise präge: „Während Deutschland ‚nie wieder Täter‘ sein möchte, gilt in Israel: ‚nie wieder Opfer!‘ – und daraus ergibt sich ein ganz anderes Verhältnis zu Staat, Militär und vielen anderen Dingen. Das ist gegenläufig, aber das Verständnis der beiden Perspektiven hilft.“

Teil II des Freundschaftstages: Foren zu Start-Ups, Kultur, Jugendbegegnungen und Partnerschaften

Die dahinter stehende Frage, wer "die Israelis" sind, diskutierten die jugendlichen Gäste dann in verschiedenen Workshops – angeleitet von Julia Treindl und Prof. Dr. Michael Brenner vom Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU München. 

Der Fokus des zweiten Teils des Freundschaftstages lag auf der Frage, wie der Austausch zwischen Bayern und Israel vertieft werden kann. Karl Freller, I. Vizepräsident des Bayerischen Landtags, betonte dahingehend die Bedeutung von Austausch, denn „Eine Freundschaft, die man in der Jugend knüpft, behält man für die Ewigkeit“. Die Teilnehmenden konnten ihren Schwerpunkt selbst wählen – in vier Gesprächsforen zu den Themen Bildungskooperationen, Innovationen, Kultur und Partnerschaften.

Wie bedeutend Bildungskooperationen und Jugendbegegnungen sind, darüber waren sich alle beim entsprechenden Forum einig. Dr. Ludwig Spaenle, MdL (CSU) und Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, brachte es auf den Punkt: Denn "wenn man jemanden kennt – mit seinen Stärken und Schwächen – ist man vor Vorurteilen gefeilt." Tobias Gotthardt, MdL (FREIE WÄHLER), amtierender Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultus und  Vorsitzender des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen, betonte dahingehend auch die Stiftung Jugendaustausch Bayern, die der Freistaat vor rund zwei Jahren ins Leben rief. Schließlich "sollte jedem Jugendlichen die Chance eines Austauschs gegeben werden". Mirjam Eisele, Geschäftsführerin der Stiftung, zeigte sich überzeugt von den Projekten, die jedem Jugendlichen die Möglichkeit geben sollen, in seiner Laufbahn ins Ausland zu gehen, denn "diese Begegnungen sind so wertvoll, ein Schatz". Der anschließende direkte Austausch zwischen Speakern und Publikum zeigte ein lebendiges, jüdisches Leben in Bayern.

Beim Forum Start-Ups und Innovationen ergründeten die Diskutanten die Frage, warum Israel im Verhältnis zur Bevölkerungszahl die höchste Start-Up-Quote der Welt hat. Wiebke Fischer, Wirtschaftsreferentin der Israelischen Wirtschafts- und Handelsmission im Israelischen Generalkonsulat, erklärt das mit der besonderen geografischen Lage des Landes: "Die Menschen dort haben gelernt, zu überleben: Auch unter schwierigen Bedingungen schauen sie immer nach vorn und gehen einen Schritt weiter, streben ständig nach Weiterentwicklung und Wissen", so Fischer. Hila Hararay, Gründerin und Geschäftsführerin der Initiative Graduate Connect, betont auch die Bevölkerungsstruktur, "Israel ist ein junges Land mit wenig Ressourcen". Morten Edzards, Programmleiter des Bavaria Israel Partnership Accelerator (BIPA), geht noch einen Schritt weiter. Er zitiert einen Holocaust-Überlebenden, der ihm gesagt habe, "es hat mit der jüdischen Kultur zu tun: Man macht immer das Beste aus den Ressourcen, die man hat" – und genau das sei auch Kern unternehmerischen Denkens.

Zeitgleich diskutierten bei den Foren Kultur und Partnerschaften weitere hochkarätige Gesprächspartner die Frage, wie die Verbindungen zwischen Israel und Bayern auch in diesen Bereichen noch gestärkt werden können – von der Kulinarik über Ballett und Bildende Kunst bis hin zu Städtepartnerschaften und Kooperationen im Sportbereich. 

In der abschließenden Podiumsdiskussion diskutieren Experten „Deutschlands Sicht auf Israel – und umgekehrt". Dr. Stephan Stetter, Professor für internationale Politik und Konfliktforschung an der Universität der Bundeswehr München, legte dar, dass das Bild der jeweiligen Bevölkerungen mehrheitlich positiv dem anderen Land gegenüber ist – mit einem wichtigen Unterschied: In Israel blicke eher die junge Generation kritisch auf Deutschland, in Deutschland sei es genau umgekehrt die ältere Generation. Christian Limpert, Korrespondent und Leiter des ARD-Studios Israel und der Palästinensischen Gebiete in Tel Aviv, räumte hinsichtlich der Medienberichterstattung eine Konzentration auf negative Aspekte ein: "Wir schauen nur, wenn es knallt", zudem sei die Zeit eines Fernsehbeitrags zu kurz, so dass beispielsweise die Tatsache, dass Tel Aviv eine recht sichere Stadt sei, sich nicht entsprechend widerspiegle. Prof. Dr. Gisela Dachs, Kommunikationswissenschaftlerin und Professorin am Europäischen Forum der Hebräischen Universität Jerusalem und am DAAD-Centers for German Studies, betonte das grundsätzlich positive Bild der Israelis gegenüber Deutschland, zeigte jedoch einen kritischen Punkt auf: "Israel wirft Deutschland nicht die Vergangenheit vor, aber Deutschland wirft Israel die Gegenwart vor" – bezugnehmend auf den Nahost-Konflikt. 

Das Fazit des Freundschaftstages zogen Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Generalkonsulin Carmela Shamir: Sie setzen weiter auf Zusammenhalt und Freundschaft zwischen Israel und Bayern. Und Aigner hofft auf Frieden in Israel, von innen und außen. "Das ist zwar ein großer Wunsch, aber 'wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist', wie schon David Ben-Gurion sagte." 

/ CK / LC

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