13.11.2012 - Filmfestivals aus ganz Bayern präsentierten sich im Landtag

Rund 30 Filmfestivals aus allen Regionen Bayerns stellten sich am 13. November 2012 im Bayerischen Landtag vor – das erste Treffen dieser Art überhaupt.

- Von Zoran Gojic -

„Die Frage nach dem Sinn von Festivals ist so, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens. Der Sinn des Lebens ist das Leben und so ist das auch bei Festivals.“ So prägnant fasste Filmemacher Michael Verhoeven (Oscar-Nominierung für „Das schreckliche Mädchen“) zusammen, worüber Festivalmacher, Kreative und Politiker zuvor in drei großen Panels diskutiert hatten. Begleitet von der Plakatausstellung „Filmfestivals in Bayern“ präsentierten sich rund 30 Festivalmacher und stellten schnell fest: Das Geld für Festivals gerade außerhalb der großen Metropolregionen ist knapp und das Bewusstsein für die Bedeutung der Filmfestivals für die Kulturarbeit vor Ort in der Politik nicht hoch genug. Staatsminister Thomas Kreuzer verwaltet zwar einen Etat von rund 400 000 Euro, der für die Förderung von Festivals bereit steht, aber sowohl er, als auch Eike Hallitzky, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag waren sich einig, dass diese Summe im Vergleich zu anderen Kulturförderungen nicht übertrieben hoch sei. „Bei einem Budget von weit über 40 Milliarden Euro könnte Bayern da sicher mehr machen“, erklärte Hallitzky, warnte aber davor von einer Vollversorgung zu träumen. Ohne Sponsoren gehe es nicht, da waren sich auch die Festivalmacher einig. Allerdings ist es gerade für die Festivals in strukturschwachen Regionen außerordentlich schwierig private Unterstützer zu finden. Ausgerechnet in diesen Gegenden seien aber die Festivals als identitätsstiftende Veranstaltung besonders wichtig und beliebt, betonte etwa Dagmar Franke von den traditionsreichen Grenzland-Filmtagen Selb. Viele Festivals gibt es nur, weil sich engagierte Menschen ehrenamtlich einsetzen und mit geringsten Etats etwas auf die Beine stellen. In Selb etwa muss Dagmar Franke mit 30 000 Euro ein komplettes Festival organisieren. Für Honorare bleibt da nichts übrig – man ist auf den guten Willen aller Beteiligten angewiesen.

Geld ist zwar wichtig, aber Anerkennung und politische Unterstützung auch

So wichtig die finanzielle Ausstattung auch ist – den Festivalmachern war spürbar etwas anderes wichtig: die Anerkennung und Unterstützung ihrer Arbeit. Ein Aspekt, den Gastgeberin Barbara Stamm in ihrem Grußwort betont hatte: „Kultur ist ein Fundament für den Staat, das ihn wesentlich definiert. Dabei geht es immer um beides: um die Entwicklung und Förderung in den Metropolen und in den Regionen. Kultur schafft Identität. Eine lebendige Kulturszene steigert die Lebensqualität und trägt wesentlich dazu bei, dass sich die Menschen zu Hause fühlen“. Es gab auch gute Nachrichten: Dort wo sich Kommunalpolitiker oder private Sponsoren einbringen und helfen, funktionieren die Festivals auch mit wenig Geld. Für die Gemeinden sei es eine gute Möglichkeit für sich zu werben, erklärte Oberaudorfs Bürgermeister Hubert Wildgruber. „Wenn Menschen zu uns kommen und übernachten oder sogar eine Filmproduktionsfirma auf uns aufmerksam wird und einen Monat bei uns dreht ist das für so eine kleine Gemeinde eine große Sache. In München versteht man das vielleicht nicht so, aber für uns ist das sehr, sehr wichtig. Auch wirtschaftlich“, betonte Wildgruber, der die Musikfilmtage mit 5000 Euro unterstützt. Pro Einwohner ein Euro bilanzierte Festivalleiter Markus Aicher und löste damit im Saal kollektives Kopfrechnen aus: Wenn alle Festivalstädte diesen Schlüssel anlegen würden, ginge es den Festivals blendend. Die Realität sieht anders aus und wie so oft nimmt München eine Sonderstellung in Bayern ein.

Sonderfall Filmfest München

Das Filmfest München ist auf Kreuzers Hilfe nicht angewiesen, der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München sind die Gesellschafter. „Wir haben auch eine andere Funktion als andere Festivals, zu denen wir gar nicht in Konkurrenz stehen. Wir sind das internationale Schaufenster der bayerischen Filmszene“, erklärte Festivalleiterin Diana Iljine und gab zu: „Uns geht es im Vergleich sehr gut, dennoch brauchen wir mehr Geld, wenn wir international mithalten wollen und da denke ich weniger an die Erhöhung der öffentlichen Zuschüsse, als an mehr Sponsoren, die begreifen, dass ein Festival von unserer Größenordnung ein sehr guter Partner ist. Wir müssen immer noch mit einem Zehntel des Budgets der Berlinale auskommen, also ist da noch Luft nach oben“, sagte Iljine. Von solchen Problemen können andere Festivals nur träumen.

Politik gelobt mehr Engagement - und Mittel

Das Festival NaturVisionen ist von Niederbayern nach Baden-Württemberg gezogen – dort gibt es Geldgeber und mehr politische Unterstützung. Für Wahl-Niederbayer Eike Hallitzky ist das ein Trauerspiel. „Der gesamten Region, den Menschen, fehlt jetzt etwas. Dieses Festival hat uns etwas bedeutet und wir müssen darauf achten, dass sich so etwas nicht wiederholt“, appelierte Hallitzky und räumte selbstkritisch ein: „Der Ehrlichkeit halber sei gesagt, dass sich hier im Haus keine der Fraktionen für eine Erhöhung des Festivaltopfs in der Staatskanzlei eingesetzt hat. Man kann da durch geschickte Verschiebungen im Etat bestimmt 100 000 Euro mehr hineinfließen lassen“, gab Hallitzky zu und erntete zustimmendes Nicken von Staatsminister Kreuzer. Mindestens ebenso wichtig wie die Gespräche mit Vertretern der Politik und der Medienbranche war für die angereisten Festivalmacher aber die Chance, sich kennen zu lernen und auszutauschen. Nicht zuletzt wegen der ähnlichen Probleme und Erfahrungen beschlossen einige spontan sich wieder zu treffen und Möglichkeiten für Kooperationen und Partnerschaften zu finden.

Abends endlich das, wovon den Tag über gesprochen wurde: Kino

Zum Abschluss lud Landtagspräsidentin Barbara Stamm dann wieder zu „Kino im Landtag“. Gezeigt wurde ein Film, der perfekt zum Thementag „Festivals in Bayern“ passte: „Wir wollten aufs Meer“. Das bewegende Polit-Drama über Freundschaft und Verrat in der DDR ist das Erstlingswerk des Regisseurs Toke Constantin Hebbeln und wurde auf dem Filmfest München entdeckt. Regisseur Toke Constantin Hebbeln, eigens aus Hamburg angereist, freute sich vor allem über die Möglichkeit unmittelbar Reaktionen von den Vertretern der Filmbranche und den Abgeordneten einzusammeln. „Das Feedback ist mir sehr wichtig. Und ich fühle mich schon auch geehrt in diesem Rahmen meinen Film zeigen zu können“, fasste Hebbeln später seine Eindrücke des Abends zusammen. Persönlicher Höhepunkt für die Filmemacher war aber ein spätabendlicher Besuch des Plenums. Manuel Bickenbach, der Produzent des Films kam nach dem Einblick in die Abläufe des Parlaments zur Erkenntnis: „So groß sind die Unterschiede zwischen Film und Politik manchmal gar nicht“.

Stimmen zur Veranstaltung

Tamara Danicic, Nonfiktionale Bad Aibling

„Als Festivalmacher benötigt man eine gehörige Portion Leidenschaft und Beharrlichkeit. Da ist man dankbar, wenn man vom Bayerischen Landtag das Forum bekommt, um sich mit anderen Festivalmachern auszutauschen und festzustellen, dass man damit nicht allein auf weiter Flur steht.“

Gerrit Zachrich, Bamberger Kurzfilmtage

„Von mir auch nochmals Gratulation zur Idee und Durchführung der Veranstaltung. Hat doch alles prächtig geklappt. Einziges enttäuschendes Detail: nachmittags waren kaum Politiker oder Volksvertreter zu sehen, es schien eher eine Insider-Veranstaltung zu sein. Aber Sie haben recht: Reden über Film ist wichtig, man muss es immer wieder und überall tun.“

Christine Reichert, Diessener KurzFilmFestival

„Eine geglückte und durchdachte Veranstaltung. Zum ersten Mal konnten die Festivalmacher als Teil dieser lebendigen Szene auch miteinander ins Gespräch kommen. Viele gute Diskussionsbeiträge auf und neben der Bühne. Vielen Dank!“

Diana Iljine, Filmfest München / Internationales Festival der Filmhochschulen

„Es war ein wirklich anregender und sehr informativer Tag im Maximilianeum. Das FILMFEST MÜNCHEN und das FESTIVAL DER FILMHOCHSCHULEN sind Kulturveranstaltungen, die ohne den Rückhalt und die Unterstützung von Freistaat und Landeshauptstadt nicht möglich wären. Umso wichtiger war es für mich als Festivalleiterin, mich gemeinsam mit Kollegen aus ganz Bayern mit den politischen Entscheidungsträgern erstmals in dieser Form auszutauschen. Dafür bin ich der Gastgeberin, Frau Präsidentin Stamm, sehr verbunden!“

Ayten Akyıldız, Filmfestival Türkei/Deutschland, Nürnberg

„Eine sympathische bayerische Festivalpräsentation im Landtag, welche uns ermöglicht hat, durch Begegnungen mit der Politik, Filmemachern und der Presse die Wichtigkeit unserer Arbeit darzustellen. Damit die kulturelle Arbeit nicht in Vergessenheit gerät, sollte man Veranstaltungen dieser Art wiederholen. Denn: "Kultur verbindet"!“

Dagmar Franke, Grenzlandfilmtage Selb

„Ich habe auf dem Podium über die Höhen und Tiefen der Festivalmacher gesprochen. Für mich war die Veranstaltung im  Landtag unumstrittenen ein Höhenpunkt.“

Michael Orth, Landshuter Kurzfilmfestival

„Das war eine tolle Sache und es haben sich ein paar gute Kontakte und interessante Ideen ergeben.“

Insa Wiese, Regensburger Kurzfilmfestival

„Veranstaltungen wie die „Filmfestivals im Landtag“ sind sehr wichtig. Kollegen aus der Branche kommen zusammen und haben die Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen, gemeinsame Projekte zu planen und sich gegebenenfalls gegenseitig zu unterstützen. In der Kulturbranche ist dies ungemein wichtig: Ein gutes Netzwerk erleichtert die Arbeit!“

Johannes Herrschmann

„Als Schauspieler verbeugt man sich bei Festivals auf der Premiere seines Films, geht auf Empfänge und ins Kino. Jetzt habe ich erfahren, wer hinter den Festivals steht, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben und wie nah Lust und Frust beieinander liegen. Hat viel Ähnlichkeiten mit dem Beruf des Schauspielers.“

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