Höhenflug oder Scheinwelt? – Bayerns Filmhochschulen stellen sich vor

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Die bayerische Filmausbildung wirkt in einem Spannungsfeld. „Bayern ist mit guten Ausbildungseinrichtungen gut und reich gesegnet“, stellte Prof. Dr. Klaus Schaefer, Geschäftsführer FFF Bayern, in seinem Grußwort fest. Die Kehrseite des Engagements aber sei, dass die Konkurrenz von vielen Film- und Medienschaffenden zunehme. „Das ist positiv, weil es das Geschäft belebt. Es bedeutet aber für den Einzelnen, die Anforderungen der Praxis im Auge zu behalten und sich bei allen kreativen Höhenflügen nicht in Scheinwelten zu verlieren.“


Es ging bei diesem mittlerweile siebten „Kino im Landtag“ um eine durchaus kritische Bestandsaufnahme. Was können die Filmschulen Bayerns für ihre Branche und ihre Zöglinge leisten? Und was erwartet die bayerischen Filmstudenten in eben diesem Markt?

„Der Markt ist in Schieflage“

Zur zweiten Frage zeichnete insbesondere das Panel „Hochqualifiziert, willig, jung, sucht ... Welche Perspektiven haben Absolventen von Filmhochschulen“ ein differenziertes Bild. Dafür sorgte die prominente Besetzung. Max Wiedemann von der Produktionsfirma Wiedemann&Berg zeichnet für so unterschiedliche Erfolge wie „Das Leben der Anderen“, „Männerherzen“ oder „WhoAmI“ verantwortlich. Außerdem ist er im Sektionsvorstand Film der Produzentenallianz. Er gab zu bedenken: „Der Markt ist in Schieflage, der kann die ganzen Studenten nicht aufnehmen, da selbst etablierte Unternehmen um das Überleben kämpfen.“ Tendenzen zu einem Markt, in dem es zu viele Nachfrager und zu wenige Anbieter gibt, lassen freie Auftragnehmer gegenüber öffentlich-rechtlichen und privaten Auftraggebern ins Hintertreffen geraten. Hier solle die Politik entgegentreten, indem sie regulierend eingreife. „Zusätzliches Gebührengeld muss ins Programm, nicht in die Verwaltung“, so Wiedemanns Formel dafür.

Dr. Klaus-Peter Potthast, Abteilungsleiter Digitalisierung, Medien im Bayerischen Wirtschaftsministerium verwies darauf, dass die Politik hier in „vermintem Gelände“ agiere und sich Eingriffe verböten. Er plädierte für „unterstützende Maßnahmen“ der Produzenten. Wiedemann warnte davor, Produzenten in eine Situation zu bringen, in der sie keinerlei Gewinne mehr erwirtschaften könnten.

Dr. Claudia Gladziejewski, Leitung der Redaktion Kurzfilm und Debut BR, verwies aber darauf, dass die Aufgabe der Fernsehsender nicht sein könne, die Produzentenlandschaft zu alimentieren: „Allein in Berlin gibt es 400 Firmen.“ Sendeplätze hingegen gebe es genug. Gerade mit Blick auf die gezeigten Kurzfilme des Tages von der Macromedia Hochschule, der Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg und der Hochschule für Fernsehen und Film München verwies sie auf ihre Initiative, in zehn BR-Kurzfilmnächten pro Jahr dem Kurzfilm ein breites Forum zu bieten.

Die Zahl der Arbeitsplätze für Berufsanfänger sinkt in Deutschland 

„Die Luft wird dünner, Nachwuchs zu beschäftigen. Da tut sich eine krasse Schere auf“, lautete die Einschätzung von Michael Coldewey. Als Geschäftsführer von Trixter ist er im Postproduktionsbereich eine internationale Größe, 100 Beschäftigte gibt es am Standort München. Die Firma fertigt zum Beispiel gerade wieder Effekte für den Blockbuster „Avengers: Age of Ultron“. Aber gerade, weil man gegen globale Konkurrenz ohne sprachlichen Schutzraum antreten muss, sind die Margen extrem gering und die Konkurrenz mit Kanada oder Indien groß. Coldewey muss deshalb auf etablierte Effektkünstler bei der Einstellung setzen, den Zeitaufwand für Ausbildung könne man nicht stemmen. Von der Politik wünsche er sich gerade hier Unterstützung. Potthast sieht Bayern durch Initiativen wie den Mediencampus hier bereits bestmöglich aufgestellt.

Das Wichtigste bleibt – die Geschichte, die erzählt wird

In dem Panel „Irgendwas mit Film“ plädierte der Bayerische Wirtschaftsstaatsekretär Bernd Sibler für eine ständige Anpassungsbereitschaft der Hochschulen an einen sich wandelnden Medienmarkt. „Stillstehen wäre verrückt, die Szene ist dafür viel zu schnell.“ Die Politik habe die Infrastruktur deutlich verstärkt, nun gehe es darum ein kreatives Umfeld für junge Filmemacher zu stärken: „Wo viele sind, kommen mehr nach“, zeigt sich Sibler überzeugt.
Die Studenten auf dem Panel, Alicia Wimmer (OHM), Konrad Simon (MHMK) und Tobias Huber (HFF) zeigten sich mit ihrer Ausbildung in Bayern zufrieden. Die Möglichkeit zum Experiment sei wichtig, die Ausbildung zum Storytelling bleibe das A und O. Und die Vernetzung sei ein entscheidendes Kriterium, um Erfolg zu sichern, ergänzte FFF-Nachwuchsreferentin Julia Rappold. Die derzeit beliebten Schlagworte Transmedia und Crossmedia wurden von den Studenten zurückhaltend bewertet. Bisherige Formate hätten nicht funktioniert, eher gehe es darum, klassische Formate durch mitunter virale Marketingmaßnahmen zu unterstützen. „Aber der Weg zu einer verzahnten Erzählform ist weit“, so Konrad Simon.

Der beste Weg in den Job ist die Leidenschaft

Insgesamt scheinen die Hochschulen den Spagat zwischen der fundierten Ausbildung und Workshops, die neue Tendenzen aufnehmen, gut zu meistern, wie die Präsentationen der drei Hochschulen zeigten. „Free TV“ an der HFF, wo Studenten neue Fernsehformate für den BR ohne Vorgaben erdenken konnten, nannte Drehbuch-Professor Gutmann als besonders gelungenes aktuelles Projekt: „Das wird fortgesetzt“.  Internationale Vernetzung werde ebenfalls großgeschrieben. Internationalität und Workshop-Charakter prägt auch die Ausbildung der privaten Hochschule MHMK, wie Prof. Dr. Friedrich-Carl Wachs ausführte. Und die OHM punktet mit modernster Technik, die gerade im Animationsbereich state of the art–Geräte anbietet, wie Prof. Jürgen Schopper ausführte. Der beste Weg in den Job, so hörte man dabei immer wieder durch, bleibe Leidenschaft, die sich immer durchsetzen werde.

„Kino im Landtag ist mittlerweile eine echte Fachveranstaltung“

Darüber konnten Studenten und Interessierte in Anwesenheit von Landtagspräsidentein Barbara Stamm und Staatsminister Marcel Huber Erkenntnisse gewinnen und sich austauschen. Barbara Stamm bekräftigte die „Verantwortung des Kulturstaats Bayern gegenüber den Jungen“, und Klaus Schaefer ordnete die Rolle von Kino im Landtag an sich ein: Es sei mittlerweile eine echte Fachveranstaltung geworden. /cgr

 

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