Bayerische Verfassung

Die Verfassung des Freistaates Bayern regelt die Selbstständigkeit des Freistaates als Land der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde am 26. Oktober 1946 von der Landesversammlung beschlossen und in der anschließenden Volksabstimmung am 1. Dezember 1946 mit großer Mehrheit angenommen. Nach einer Feststellung des Ministerrats vom 4. Dezember trat sie mit ihrer Veröffentlichung im Bayer. Gesetz- und Verordnungsblatt am 8. Dezember 1946 in Kraft.

Die Bayerische Verfassung ist in vier Hauptteile gegliedert und enthält insgesamt 188 Artikel. In den ersten drei Artikeln ist festgelegt, dass Bayern ein Freistaat ist, dass die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und dass Bayern ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat ist.

Die Verfassung kann nur im Wege der Gesetzgebung geändert werden (Artikel 75). Beschlüsse des Landtags auf Änderung der Verfassung müssen dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden.

Änderungen der Verfassung

Die Bayerische Verfassung von 1946 wurde bislang in folgenden Punkten geändert:

  1. Einführung der christlichen Gemeinschaftsschule (GVBl vom 22. Juli 1968, S. 235)
  2. Herabsetzung des Wahlalters (GVBl vom 15. Juni 1970, S. 239)
  3. Bildung von Stimmkreisen und Herabsetzung der Sperrklausel bei Landtagswahlen von 10% auf 5% (GVBl vom 19. Juli 1973, S. 389)
  4. Freiheit des Rundfunks (GVBl vom 19. Juli 1973, S. 389)
  5. Umweltschutz als Aufgabe mit Verfassungsrang für Staat, Gemeinden und Körperschaften (GVBl vom 20. Juni 1984, S. 223)
  6. Einführung des Kommunalen Bürgerentscheids (GVBl 27. Oktober 1995, S. 730)
  7. Verfassungsreformgesetz - Weiterentwicklung im Bereich der Grundrechte und der Staatsziele (GVBl vom 20. Februar 1998, S. 38)
  8. Verfassungsreformgesetz – Reform von Landtag und Staatsregierung (GVBl vom 20. Februar 1998, S. 39)
  9. Gesetz zur Abschaffung des Senats (GVBl vom 20. Februar 1998, S. 42)
  10. Gesetz über den Zusammentritt des Landtags nach der Wahl, über die Parlamentsinformation und zur Verankerung eines strikten Konnexitätsprinzips (GVBl vom 10. November 2003, S. 816)
  11. Gesetz zur Weiterentwicklung der Wahlgrundsätze, der Grundrechte und der Bestimmungen über das Gemeinschaftsleben (GVBl vom 10. November 2003, S. 817)

Weitere Verfassungsänderungen wurden am 20. Juni 2013 vom Landtag und am 15. September 2013 per Volksentscheid beschlossen (Drs. 16/17358(Dokument vorlesen)(Dokument vorlesen))(Dokument vorlesen):

  • Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen (Änderung von Art. 3)
  • Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl (Änderung von Art. 121)
  • Stärkung der Mitwirkungsrechte des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union (Änderung von Art. 70)
  • Schuldenbremse (Änderung von Art. 82)
  • angemessene Finanzausstattung der Gemeinden (Änderung von Art. 83 BV)

Informationen zum Volksentscheid am 15. September 2013.

Geschichtlicher Hintergrund
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Terrorherrschaft erfolgte in Bayern ein Befehl der amerikanischen Besatzungsmacht an Ministerpräsident Wilhelm Hoegner, eine Verfassunggebende Landesversammlung vorzubereiten. Der Ministerpräsident berief die Mitglieder eines Vorbereitenden Verfassungsausschusses, der in 15 Sitzungen einen vollständigen Verfassungsentwurf für die Verfassunggebende Landesversammlung erarbeitete. Grundlage der Beratungen waren Vorüberlegungen Hoegners aus dem Schweizer Exil. Neben Hoegner prägte auch der Staatsrechtler Hans Nawiasky die Verfassungsberatungen entscheidend mit.

Die Verfassunggebende Landesversammlung tagte vom 15. Juli bis zum 26. Oktober 1946 in der Aula der Münchner Universität. Bei den Beratungen herrschte insgesamt eine harmonische Atmosphäre, wofür das gute Verhältnis innerhalb der „Verfassungs-Troika“ Wilhelm Hoegner (SPD), Hans Ehard und Alois Hundhammer (beide CSU) eine wichtige Voraussetzung war. Heiß umkämpft waren jedoch Fragen wie die Einführung des Amtes eines Staatspräsidenten, die Schaffung und Kompetenzen einer Zweiten Kammer, das Wahlrecht sowie das Wirtschafts- und Schulsystem.

Der Volksentscheid über die Annahme der Verfassung fand gleichzeitig mit der Landtagswahl am 1. Dezember 1946 statt. Von den etwa vier Millionen Wahlberechtigten machten 75,7 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Mit 70,6 Prozent Ja-Stimmen fand die Verfassung eine breite Zustimmung. Am 1. Dezember wird seitdem im Freistaat der Verfassungstag begangen.

Nach der Annahme durch den Volksentscheid fertigte Ministerpräsident Wilhelm Hoegner die Bayerische Verfassung am 2. Dezember 1946 aus. Mit der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt trat sie am 8. Dezember 1946 in Kraft. Allerdings fehlt von ihrem Original bis heute jede Spur.

Mit dem Inkrafttreten der Verfassung erlangte Bayern deutlich größere Selbstständigkeit als zuvor. Dennoch übte die amerikanische  Militärregierung auch weiterhin die Oberhoheit aus und behielt sich beispielsweise die Genehmigung von Gesetzen vor. Als sich kurz darauf die Gründung der Bundesrepublik Deutschland durch die drei Westmächte abzeichnete, versuchte Bayern unter Ministerpräsident Ehard, eine möglichst föderalistisch geprägte deutsche Verfassung durchzusetzen; so sollte beispielsweise die Vertretung der Länder – der heutige Bundesrat – ein starkes Gegengewicht zum Bundestag bilden.

Ehard berief im August 1948 eine Verfassungskommission aus Experten der Länder nach Herrenchiemsee, deren Vorschläge dem Parlamentarischen Rat in Bonn als Anregungen für das Grundgesetz dienten. Allerdings erreichte Bayern in Bonn seine Ziele nur teilweise. Deshalb lehnten im Bayerischen Landtag nach einer Marathon-Debatte im Mai 1949 die meisten Abgeordneten der CSU und der WAV (Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung) das Grundgesetz mit Stimmenmehrheit ab, während sich SPD und FDP für das Grundgesetz aussprachen. Obgleich Bayern damit als einziges Land gegen das Grundgesetz stimmte, wurde gleichzeitig dessen Gültigkeit auch für Bayern mit einer deutlichen Mehrheit anerkannt. Seitdem werden viele Artikel der Bayerischen Verfassung von Bundesrecht überlagert.

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