Landtag diskutiert über finanzielle Lage der Kommunen

Aktuelle Stunde auf Vorschlag der FREIEN WÄHLER

6. Mai 2025

MÜNCHEN.  Überschattet vom gescheiterten ersten Wahlgang im Bundestag bei der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler haben die Abgeordneten des Bayerischen Landtags über die Finanzierung der Kommunen diskutiert. Denen fehlt Geld. Das Defizit für die Kommunen in Bayern liegt bei mehr als fünf Milliarden Euro.

Die Abgeordneten fast aller Fraktionen kommentierten die Ereignisse im Bundestag mit Bedauern, bevor sie sich der Kommunalfinanzierung zuwandten. 

Für die FREIEN WÄHLER stellte Bernhard Pohl fest: Die schlechte Finanzlage der Bezirke, Landkreise, Städte und Gemeinden sei ein Spiegelbild der schlechten Finanzlage aller Ebenen des Staates. Die Ursache dafür sieht Pohl in der stagnierenden Wirtschaft und den damit einhergehenden stagnierenden Steuereinnahmen. Zudem müssten Kommunen immer mehr Aufgaben übernehmen. 

Der Abgeordnete sieht sich allerdings an der Seite der Kommunen. So sei es im Herbst vergangenen Jahres gelungen, mit den kommunalen Spitzenverbänden, die vor einer Kostenexplosion gewarnt hatten, einen einvernehmlichen Ausgleich zu finden. Die Verantwortung für die kommunale Ebene sei groß, denn dort zeige sich Politik den Menschen und berühre sie unmittelbar. Er lobte die Kommunalpolitiker, die "hier in Bayern einen herausragenden Job" machten. 

Dennoch: Ein "Weiter-So" könne es nun nicht mehr geben. “Wir können es uns nicht mehr leisten, die Party fortzuführen! Wir werden Standards senken müssen, auch im Sozialbereich”, so Pohl. "Dann müssen wir stärker auf Leistungsträger und weniger auf Leistungsempfänger schauen." Zudem sei es nötig, zu entbürokratisieren, Verwaltungsabläufe schlanker und mithilfe von Digitalisierung effektiver zu machen. Weniger Bürgerbeteiligung und -mitsprache seien dabei zielführend.

AfD fordert Kurswechsel

Einen vollständigen Kurswechsel forderte Andreas Jurca von der AfD. Denn der Bund, so Jurca, zwinge die Landkreise, “eine unvorstellbare Zahl von Asylbewerbern zu versorgen.” Um die Kommunen solide finanzieren zu können, sei deshalb ein Aufnahmestopp für Flüchtlinge nötig. Zudem forderte Jurca echte Konnexität durch eine Kommunal-Finanzgarantie, wonach Gesetze erst in Kraft treten, wenn zuvor eine vollständige Finanzierung vorliege sowie Investitionsfonds durch Streichung von Programmen, die keinen Nutzen hätten - aus Sicht der AfD “Ideologieausgaben”.  Hoffnungen setzt Jurca auf Wachstum durch Bürokratieabbau und die Digitalisierung. 

Kommunalpolitische Kompetenz im Landtag

Die kommunalpolitische Kompetenz der Abgeordneten des Bayerischen Landtags hob Patrick Grossmann (CSU) hervor. Allein in der CSU-Fraktion des Landtags gebe es viele Kommunalpolitiker. Zugleich verwies Grossmann auf die hohe Investitionsquote der Kommunen, die mit 23,4 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt liege. Der Freistaat setze gezielt auf Investitionen in Kommunen. Immerhin fließt nach seinen Worten jeder dritte Euro aus dem Staatshaushalt in den kommunalen Bereich. Die Herausforderung bestehe darin, dass die Aufgaben und damit auch die Kosten im Sozialbereich explodierten. Der CSU-Politiker setzt seine Hoffnung in das Konnexitätsprinzip. “Wer anschafft, zahlt – diese Regel muss langfristig auch für den Bund gelten, denn der Freistaat kann nicht alle Belastungen tragen, die vom Bund zu verantworten sind.”

Rekorddefizit im Fokus

Auf das Finanzierungsdefizit der Kommunen in Bayern verwies Johannes Becher von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Ihm zufolge lag 2024 das Defizit bei 5,3 Milliarden Euro. "Das heißt, der Neubau der Schule wird geschoben, das Schwimmbad so bald nicht saniert, die Gebühren müssen massiv angehoben werden, Zuschüsse für den Sportverein, die Bücherei gestrichen oder gekürzt werden." Becher warnte, wenn die Kommunen mit dem Rücken zur Wand stünden, dann gefährde das den sozialen Frieden und die Demokratie. Außerdem mahnte der BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN-Abgeordnete, den Sanierungsstau nicht auf kommende Generationen zu verschieben. Seine Forderung: Die finanzielle Grundausstattung der Kommunen müsse höher sein.

Unterstützung kam von dem SPD-Politiker Harry Scheuenstuhl. Er wies ebenfalls auf das Rekorddefizit der Kommunen hin, sie stünden aktuell so schlecht da, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Gelegenheit, den Kommunen mehr Geld zukommen zu lassen habe es beim jüngst verabschiedeten Nachtragshaushalt geben, ohne dass die Regierungskoalition dies genutzt habe. "Die Herausforderungen im kommunalen Bereich sind überwältigend: Laut aktuellen Schätzungen sind etwa ein Drittel unserer Straßen und viele Brücken in einem schlechten baulichen Zustand. Eine Mammutaufgabe." Sein Vorwurf: Es fehle an Vertrauen in die Arbeit der Kommunen. Die Koalition wolle Bittsteller haben, keine Partner. Zugleich warb er dafür, nicht bei den Sozialausgaben - beispielsweise bei armen und behinderten Menschen - zu sparen. 

Knapp 30 Prozent des Staatshaushalts an die Kommunen

Der Staatsminister der Finanzen und für Heimat Albert Füracker (CSU) rechnete mit der Ampel-Regierung in Berlin ab. Die habe im Bund ein wirtschaftliches Desaster veranstaltet. Im Bundesvergleich, so der Finanzminister, ginge es den Kommunen in Bayern gut. Es fließe mehr Geld an sie als je zuvor. Die Schlüsselzuweisungen seien in diesem Jahr um 9,2 Prozent gestiegen, insgesamt habe der Freistaat mehr als 22 Milliarden Euro gezahlt, im Jahr 2025 gingen 29 Prozent des Staatshaushalts an die Kommunen. Der Minister verwies auf die Glasfaserförderung oder die vollständige Erstattung der Unterbringungskosten für Asylbewerber, die es in keinem anderen Bundesland gebe. "Es ist nicht leicht, Kommune zu sein, aber am leichtesten und besten in Bayern", sagte Füracker, der selbst seit Jahrzehnten aktiver Kommunalpolitiker ist. Zum Vorwurf der Bevormundung argumentierte er, dass 75 Prozent des Finanzausgleichs pauschale Zuweisungen und nicht zielgerichtete Einzelförderungen seien. 

/Miriam Zerbel 

 

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