Landtag diskutiert über finanzielle Ausstattung der Kommunen
Aktuelle Stunde auf Vorschlag der SPD

24. Juni 2025
München. Eine Einigung, wie die Steuerausfälle der Kommunen für den „Investitionsbooster“ ausgeglichen werden können, hatten Bund und Länder zuvor erzielt - nun hat der Bayerische Landtag über die weitere Entlastung von Kommunen diskutiert. Denn die Finanzsituation der Städte und Gemeinden ist nach wie vor angespannt.
Unter dem Titel "Zukunft wird vor Ort gestaltet - mehr Geld für Städte und Gemeinden" forderte die SPD-Fraktion in der Aktuellen Stunde des Landtags aus dem Sondervermögen des Bundes jährlich eine Milliarde Euro für die Kommunen bereitzustellen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Grießhammer nannte die Kommunen das Rückgrat der Demokratie. Ohne Kommunen gebe es keinen starken Freistaat. "Doch dieses Rückgrat ist überlastet, es knirscht, es ächzt, weil die finanziellen Mittel in den vergangenen Jahren nicht mehr mit den Aufgaben mitgewachsen sind." Allein für den Freistaat beziffert Grießhammer den Investitionsrückstand auf 20 bis 30 Milliarden Euro.
“Kommunalmilliarde: keine Gnade, sondern Gebot der Gerechtigkeit”
"Wegscheide", "Jahrhundertfenster", "Investitionswende", "Wendepunkt", "Riesenchance" – Grießhammer sparte mit Blick auf das Sondervermögen des Bundes nicht mit hoffnungsvollen Begriffen. Nach seiner Rechnung gehen 100 Milliarden Euro an die Länder, davon 15,6 Milliarden in den kommenden zwölf Jahren nach Bayern. Das wären 1,3 Milliarden Euro jährlich, von denen dem Willen der SPD zufolge eine Milliarde an die Kommunen gehen solle. "Die Kommunalmilliarde ist keine Gnade von oben, sie ist ein Gebot der Gerechtigkeit", so der SPD-Politiker. "Bayern muss es sich leisten, zu investieren." Dafür, sagte Grießhammer, müsse man umdenken und "raus aus der schwarzen Null". Denn Investitionen in die Kommune seien Heimatinvestitionen.
Dass der Bund für die kommenden Jahre die Mindereinnahmen der Kommunen kompensieren will, lobte der bayerische SPD-Fraktionsvorsitzende ausdrücklich. Der Hintergrund: Am 26. Juni spricht der Bundestag über ein Investitionsprogramm zur Entlastung der Wirtschaft, beispielsweise durch erweiterte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten. Dadurch entstünden in den kommenden Jahren Steuerausfälle in Höhe von rund 45 Milliarden Euro. Städte und Gemeinden sollen nun einen vollständigen Ausgleich für die Steuerausfälle bekommen, denn viele Bezirke, Landkreise, Städte und Gemeinden haben mit Defiziten zu kämpfen. Gründe sind steigende Sozialausgaben und Personalkosten sowie geringere Einnahmen, beispielsweise bei der Gewerbesteuer.
Pochen auf solide Haushaltspolitik
Erst vor wenigen Wochen hatte die Fraktion der Freien Wähler eine Aktuelle Stunde zum gleichen Thema vorgeschlagen. Anfang Mai diskutierte der Landtag ebenfalls über die finanzielle Situation der Kommunen. Der FREIE-WÄHLER-Abgeordnete Bernhard Pohl zeigte sich einig mit der SPD, Investitionen in Städte und Gemeinden als Heimatinvestitionen zu betrachten. Politik werde vor Ort gemacht. Allerdings wollte Pohl nicht der Forderung der Sozialdemokraten zum Abschied von der schwarzen Null folgen. Das widerspreche solider Haushaltspolitik, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen. Kommunen brauchten verlässliche Partner. Die Menschen wollten funktionierende Rahmenbedingungen. Investiert werden müsse deshalb in Zukunftsthemen wie Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft.
In den vergangenen Jahren hätten die Kommunen zusätzliche Aufgaben bekommen, wie die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft. Er mahnte zugleich, keine Gelder zu verteilen, die noch gar nicht zur Verfügung stehen. "Ich sehe keine Spielräume für die Kommunalmilliarden", erklärte Pohl.
Politik auf allen Ebenen
Ein Dank an die SPD für den Themenvorschlag zur Aktuellen Stunde kam auch vom CSU-Abgeordneten Michael Hoffmann. Kritik äußerte er jedoch an der Zuspitzung auf die Kommunen. "Zukunft machen wir als Politik miteinander und zwar auf allen Ebenen: Auf der kommunalen Ebene, auf der Landes-Ebene, auf der Bundes-Ebene und auf der europäischen Ebene."
Zudem bekräftigte Hoffmann, das Land sei ein verlässlicher Partner für Städte und Gemeinden. Nach seinen Worten werden allein 29 Prozent des bayerischen Haushalts für Kommunen ausgeben. Vor zehn Jahren seien es noch 25 Prozent gewesen. Seine Ratio deshalb: „Man kann nicht immer nur nach mehr Geld schreien, wenn es den Kommunen nicht gut geht. Da müssen wir auch an die Ausgaben ran.“ Nötig ist Hoffmann zufolge daher eine Entbürokratisierung und Modernisierung – nicht zuletzt in den Kommunalverwaltungen - um Prozesse zu vereinfachen.
Forderungen nach Einsparungen
Andreas Jurca von der AfD-Fraktion forderte insbesondere Einsparungen – und unterstrich das mit einer Aufzählung vieler Einzelbeispiele. So hält Jurca viele Vorschriften des Brandschutzes für unverhältnismäßig. "Vielleicht braucht man in einem Klassenzimmer nicht immer unbedingt zwei Fluchtwege, damit man den Brandschutz erfüllt." Früher habe es zudem beispielsweise in Freibädern oder bei öffentlichen Veranstaltungen kein Sicherheitspersonal gegeben. Er kritisierte in seinen Augen überteuerte Projekte wie die Sanierung des Staatstheaters Augsburg oder unnötige Förderungen von Doppelstrukturen. Auch am Gesundheitssystem übte er Kritik.
Aufforderung zum Handeln
Die Idee der Kommunalmilliarde reklamierte Claudia Köhler von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für ihre Fraktion. Sie sagte, sie freue sich, dass die Botschaft, den Kommunen, Städten, Landkreisen, den Gemeinden und Bezirken zu helfen, endlich durchsickere. "Jetzt muss eigentlich nur noch die Staatsregierung verstehen, dass die Kommunen Hilfe brauchen – und zwar schnell", so Köhler. Denn vor Ort werde das Vertrauen in die Politik und die öffentliche Hand gestärkt – oder eben erschüttert, so Köhler. "Wenn das Schwimmbad schließt, weil die Gemeinde sparen muss, wenn der Bustakt ausgedünnt wird, weil der Landkreis kein Geld mehr hat, wenn die Kinder es vermeiden, in der Schule aufs Klo zu gehen, weil es so scheußlich ist, weil das Geld für die Renovierung fehlt; wenn der Gemeinderat die billigste aller Lösungen für den Ganztag wählen muss, weil mehr Fachkräfte einfach zu teuer wären“, zählte Köhler viele Beispiele auf, „dann verliert man das Vertrauen in gute Politik“. Die Grünen-Politikerin forderte die Regierung zum schnellen Handeln auf, nicht zuletzt da in der Rücklage des Freistaates Bayern Ende 2023 10 Milliarden Euro gewesen seien.
Bayern kümmert sich um Kommunen wie kein anderes Bundesland
Abschließend äußerste sich der Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Albert Füracker. Der CSU-Politiker sieht die Ursache für Probleme der Kommunen im Handeln der abgewählten Ampelregierung. Es sei nicht die Schuld der Union. Der Staatsminister hält das Thema ebenfalls für wichtig, die Probleme im investiven Bereich aber nicht für so groß wie in der Debatte teils geschildert. "Die bayerischen Kommunen sind ohnehin die Kommunen in Deutschland, die mit Abstand am meisten investieren." 23 Prozent des Haushalts seien es im Freistaat, in Nordrhein-Westfalen beispielsweise seien es nur 12,3 Prozent. Außerdem frachte nicht der Freistaat den Kommunen immer mehr Aufgaben auf, das sei der Bund.
Im Übrigen gebe der Bundesfinanzminister den Zeitplan vor. Die Steuersenkungen werden demnach erst am 11. Juli im Bundesrat beschlossen, über das Sondervermögen wird erst am 17. Oktober im Bundesrat abgestimmt. Des Ministers Fazit ist eindeutig: “Kein Bundesland kümmert sich so um die Kommunen, wie der Freistaat Bayern, kein Bundesland hat so hohe Investitionsquoten bei den Kommunen, kein Bundesland hat so einen guten kommunalen Finanzausgleich und in keinem Bundesland ist die Aufgabenerledigung besser als in Bayern.”
/Miriam Zerbel