Europaausschuss: Berichte zu Bayerns entwicklungspolitischen Aktivitäten

03.12.2019

Der Freistaat Bayern richtet den Fokus seiner entwicklungspolitischen Aktivitäten verstärkt auf Afrika: Mit einem im April 2019 vom Kabinett beschlossenen https://www.bayern.de/wp-content//uploads/2019/11/staatkanzlei_afrika_bf.pdf(Dokument vorlesen)

Afrikapaket(Dokument vorlesen) will Bayerns Staatsregierung die in den vergangenen Jahren eingeleitete Schwerpunktsetzung auf diesen Kontinent weiter verstetigen und ausbauen. Im Mittelpunkt des Engagements stehen die Staaten Äthiopien, Tunesien, Senegal sowie die südafrikanischen Regionen Westkap und Gauteng. „Eine Bündelung ist sinnvoll, denn nicht jeder muss alles überall machen“, unterstrich Melanie Habelitz-Wollgam von der Staatskanzlei, die über die Afrikastrategie der Staatsregierung und das mittlerweile abgeschlossene Sonderprogramm zur Schaffung von „Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern“ im Europaausschuss des Landtags berichtete.

Auch der Bayerische Landtag schafft im Rahmen eines Bildungsprojekts seit Ende 2016 im Nordirak Perspektiven vor Ort, worüber Sibylle Lux vom Landtagsamt die Abgeordneten in einem weiteren Bericht informierte.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Europäische Union, die Weltbank und andere Banken, Unternehmen, Kommunen, Stiftungen, NGOs – in Afrika gebe es mittlerweile sehr viel Hilfe vor Ort und sehr viele Akteure, deren Wirken aber oft nicht aufeinander abgestimmt sei, wie Melanie Habelitz-Wollgam von der Staatskanzlei im Landtag ausführte. Um Bayerns entwicklungspolitischen Aktivitäten einen Rahmen und eine Richtung zu geben, habe die Staatsregierung daher das „Bayerische Afrikapaket“ als Beitrag zur Stabilisierung und zur Entwicklung in Afrika aufgelegt. Dieses beinhaltet Knowhow-Transfer in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Landwirtschaft und Umwelt sowie Verwaltung. Eine verstärkte Koordinierung und der wechselseitige Austausch hierbei seien essentiell, um die Entwicklungszusammenarbeit in Zukunft effektiver zu gestalten.

Bayerisches Afrikabüro als Anlaufpunkt und Drehscheibe

Eine wichtige Rolle käme auch dem im April 2019 in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba eröffneten Bayerischen Afrikabüro als zentralem Anlaufpunkt und als Drehscheibe zu. Die Vertreterin der Staatskanzlei ging in ihrem Bericht außerdem auf die bisherigen entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung ein, die seit 2016 verstärkt auf die Verminderung von Fluchtursachen ausgerichtet worden seien. Um Menschen Bleibe- und Rückkehrperspektiven in ihrer Heimat oder in der unmittelbaren Nähe zu eröffnen, seien im Doppelhaushalt 2017/2018 Mittel in Höhe von jährlich 2,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und zusätzlich ein Sonderprogramm in Höhe von jährlich 10 Millionen Euro aufgelegt worden.

In einem sehr viel kleineren finanziellen Maßstab engagiert sich der Bayerische Landtag seit Ende 2016 ebenfalls in der Entwicklungszusammenarbeit, wie im Anschluss Sibylle Lux, Stabsstellenleiterin im Landtagsamt, berichtete. Gefördert werden im Nordirak Englischsprachkurse, die oftmals eine wichtige Voraussetzung für den Einstieg in eine Berufstätigkeit oder für den Einstieg in einen vom Bayerischen Landtag mit insgesamt 20 Stipendien ebenfalls geförderten Online-Studiengang darstellten. Das entwicklungspolitische Engagement des Landtags soll, nachdem das Landtagspräsidium dafür im Juli 2019 grünes Licht gegeben hat, im nordirakischen Domiz-Camp weiter fortgesetzt und zusätzlich auf die Standorte Khanke und Alqosh ausgedehnt werden. Im Camp Khanke sollen die Fördergelder, so die Vertreterin des Landtags, insbesondere jesidischen Flüchtlingen zugute kommen.

Lob für das Engagement des Landtags

In der anschließenden Aussprache würdigte Klaus Steiner , entwicklungspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion, das Engagement von Staatsregierung und Bayerischem Landtag. Steiner betonte, dass gerade auch Kooperationen der Parlamente in der Entwicklungszusammenarbeit besonders wertvoll seien. Parlamentarische Kontakte würden die Demokratiebewegungen vor Ort stärken. Außerdem sei Bildung der Schlüssel, damit Firmen investierten. Der bayerische Weg weise hier in die richtige Richtung, die Staatsregierung habe einen zukunftsträchtigen Ansatz gewählt.

Bayern engagiere sich in der Entwicklungszusammenarbeit mit einem Volumen, von dem andere nur träumen könnten, stellte Markus Rinderspacher (SPD) fest. Auch er lobte das bayerische Engagement. Dass sich mit dem Bayerischen Landtag sogar das Landesparlament engagiere, sei keinesfalls selbstverständlich. Dank sprach er auch dem Eine Welt Netzwerks Bayern e.V. für dessen Inlandsarbeit aus. Mit Blick auf die Aktivitäten der Staatsregierung mahnte er allerdings „mehr Kohärenz“ und „mehr Koordination“ an. Die aktuellen Aktivitäten seien „zerfasert“ und bildeten einen „bunten Flickenteppich“.

Ein „Sammelsurium an Einzelmaßnahmen“ der Staatsregierung kritisierte auch Hep Monatzeder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Bei den Aktivitäten der Ministerien sei keine Koordination erkennbar. „Jedes Ressort macht, was es glaubt, was Entwicklungszusammenarbeit sein könnte.“ Monatzeder forderte, insbesondere die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung („Sustainable Development Goals“) und die Ausrichtung nach OECD-Kriterien auf Landesebene voranzubringen.

Mehr Nachhaltigkeit forderte auch Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER). Es sei nicht nur wichtig, vor Ort zu investieren und zu installieren, sondern auch zu reparieren. Hierfür gelte es, Kompetenzen zu vermitteln. Anne Franke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stellte fest, dass Afrika bisher oft nur als Rohstofflager begriffen werde. Sie forderte, Wertschöpfung in den Ländern zu halten, indem Produkte vor Ort auch verarbeitet bzw. veredelt würden.

„Wir brauchen Kompetenz, Kohärenz, Koordination und Kooperation“

Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER) fasste die Diskussion zusammen und brachte diese auf eine Formel: „Wir brauchen in der Entwicklungszusammenarbeit vier „K“s: Kompetenz, Kohärenz, Koordination und Kooperation.“ Der Vorsitzende des Europaausschusses erklärte, dass sich das von ihm geleitete Landtagsgremium verstärkt in den Prozess einbringen wolle.

Claus-Peter Reisch, Skipper der Lifeline, die in der Seenot-Rettung aktiv ist, erhielt zum Schluss der Sitzung das Wort. Er habe heute im Landtag viel Positives und Ermutigendes gehört, resümierte er. Mit Ausbildungsprojekten allein, so Reisch, sei es auf dem afrikanischen Kontinent jedoch nicht getan. Es müsse zudem gelingen, dort Arbeitsplätze – und damit berufliche Perspektiven – zu schaffen. 

Katja Helmö

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