EU-Kommissionsvertreter Jörg Wojahn im Landtag: „Europa wirkt in den Regionen“

28.01.2020

  • Bei seinem Antrittsbesuch in München hat Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, im Bayerischen Landtag einen Ausblick auf Themen der Von-der-Leyen-Kommission für das Jahr 2020 gegeben.

  • Wojahn betonte, dass Europa nicht nur in Brüssel stattfindet, sondern vor allem auch in den Regionen. Der Austausch mit regionalen Parlamenten wie dem Bayerischen Landtag sei daher wichtig.

  • Zum „Green Deal" der EU sagte Wojahn: „Wir müssen Greta Thunberg und Joe Kaeser gleichzeitig sein, wenn wir erfolgreich sein wollen.“

Im Vordergrund des Gedankenaustausches im Landtag mit Abgeordneten des Europaausschusses stand der Green Deal – das Programm der Von-der-Leyen-Kommission, um die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Der „Green Deal“, so Wojahn, sei wörtlich zu nehmen und umfasse neben „Grün“ einen echten „Deal“, der Vorteile für alle bringen soll.
Für die EU als „große Kompromissmaschine“ gelte es dabei, die Umwelt- und die Wirtschaftspolitik miteinander in Einklang zu bringen: „Wir müssen Greta Thunberg und Joe Kaeser gleichzeitig sein, wenn wir erfolgreich sein wollen.“ Wojahn hob die Chancen hervor, die sich aus dem ökologischen Wandel ergeben – schließlich sei Europa führend in der Umwelttechnik. „Auf diese Stärke im globalen Wettstreit müssen wir uns besinnen und sie nutzen.“

Bei der Digitalisierung empfahl Wojahn, jene Kompetenzbereiche zu stärken, bei denen Europa noch führende Positionen inne hat – etwa bei der „Künstlichen Intelligenz“. Im Übrigen, so Wojahn, verfolge die Europäische Union bei der Digitalisierung einen „sehr europäischen Ansatz“, indem der Mensch im Mittelpunkt stehe, nicht die Daten als Ware.

Mit Blick auf die europäische Migrationspolitik erklärte Wojahn, dass diese festgefahren sei und einen „neuen Anlauf“ brauche: „Die Menschen erwarten eine Lösung von uns.“ Die EU-Kommission werde deshalb im Mai 2020 eine Überarbeitung der Dublin-Regeln auf den Weg bringen. Außerdem müsse ein effektiver Grenzschutz an den EU-Außengrenzen geschaffen werden, und es müsse mehr für Flüchtende außerhalb Europas getan werden.

Der Brexit, die europäische China-Politik sowie die abschließenden Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für den Zeitraum 2021 bis 2027 – hierzu ist ein Sondergipfel am 20. Februar 2020 anberaumt – wurden in dem Informationsgespräch ebenfalls angeschnitten. Für die Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 stellte der Vertreter der EU-Kommission „mehrere Ministertreffen auf bayerischem Boden“ in Aussicht. „Europa wirkt in den Regionen. Dort brauchen wir Alliierte und Partner. Die Landesparlamente spielten dabei eine wichtige Rolle“, betonte Wojahn.

Katja Helmö

In der anschließenden Aussprache bejahte Wojahn die Fragen des Ausschussvorsitzenden Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER) zur Relevanz der von Bayern geförderten Wasserstoff-Technolgie auf europäischer Ebene. Wasserstoff könne etwa bei der Stahlproduktion als Ersatz für Kohle eine wichtige Rolle spielen.

Zur Frage des Abgeordneten Florian Siekmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hinsichtlich der Finanzierung des „Green Deals“ verwies der Kommissionsvertreter auf Förderprogramme seitens der Europäischen Union sowie der Mitgliedstaaten, insbesondere aber auf grüne Investitionen seitens der privaten Wirtschaft. Investitionen in den nachhaltigen ökologischen Wandel böten neue Wachstumschancen für die Unternehmen.

Bei Chinas Projekt der „neuen Seidenstraße“ unterstrich der Abgeordnete Dr. Martin Huber (CSU), wie notwendig hierbei die Geschlossenheit aller 27 EU-Mitgliedstaaten gegenüber China sei. Sie dürften sich nicht auseinanderdividieren lassen. Markus Rinderspacher (SPD) verwies in seinem Redebeitrag auf einen Beschluss des Europäischen Parlaments, wonach die Auszahlung von EU-Geldern künftig an das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten geknüpft werde soll. Die Umsetzung eines solchen Mechanismus sei in Arbeit, versicherte Wojahn. Hep Monatzeder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)  forderte in der Diskussion mehr Kohärenz seitens der Europäischen Union bei der Entwicklungszusammenarbeit ein.

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