Der Steinerne Saal

Der zentrale Raum im Hauptgeschoss des Maximilianeums ist nach dem Empfangs- und Festraum in Schloss Nymphenburg benannt. Er diente bis 1944 als Auftakt zur Historischen Galerie, deren Ausstellungssäle sich beiderseits anschlossen. Seit 1949 führt er südlich in den Plenarsaal  des Parlaments und nördlich in den Senatssaal, bis Ende 1999 Sitzungssaal des Bayerischen Senats.

Die kassettierten Eichenholzportale wurden 1949 von den Vereinigten Werkstätten gefertigt. Die Tür zum Plenarsaal ist durch plastisch herausgearbeitete Reliefs des Münchner Bildhauers Fritz Schmoll gen. Eisenwerth (1883-1963) hervorgehoben. Die acht Reliefs zeigen ganz oben zwei bayerische Löwen, darunter in drei Reihen je zwei Personifikationen, die im Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit stehen: die soziale Verantwortung (Hl. Martin, seinen Mantel teilend), den Fleiß (spinnende Frau mit Katze), die Gerechtigkeit (Frau mit Waage und Schwert), die unbeirrbare Urteilskraft (zwei Frauen, auf eine dritte einredend), die Weisheit (Lehrende mit Eule) und die Tatkraft (Herakles, den Stall des Augias reinigend).

Die Beleuchtung des Steinernen Saals wurde 2005 erneuert: Seitdem sorgen zwei imposante Lüster aus Kristall für eine repräsentative Lichtsituation. Die nach einem Entwurf von Elke und Christian Späth in Wien bei J. T. Kalmar gefertigten, 260 kg schweren Lüster bestehen jeweils aus 4 158 Kristallglasprismen und 463 Glaslinsen, die handgeschliffen sind. An der Decke angebrachte Baldachine enthalten eng fokussierende Strahler als eigentliche Lichtquellen. Diese werfen das Licht auf die Kristallkomponenten, an und in denen es gebrochen, reflektiert und in alle Raumbereiche übertragen wird. Dieses Konzept garantiert eine blendungsfreie, gleichmäßige Lichtverteilung. Auch in die Maximilianstraße hinein entfaltet die Beleuchtung des Saals durch das große Panoramafenster bei Dunkelheit eine beeindruckende Wirkung.

Beim Blick aus dem Fenster in Richtung Westen(Dokument vorlesen) zeigt sich die beeindruckende Silhouette der Landeshauptstadt München mit ihrem Wahrzeichen im Zentrum, den beiden Frauentürmen. Dieser Blick lag ganz im Sinne des Bauherrn: So werden die Bewohner (des Maximilianeums) unberührt von dem Lärm der Straßen sich doch in naher Verbindung mit der Hauptstadt finden. Ihr Auge wird täglich auf dem Schauplatz der glorreichen Geschichte des Vaterlandes ruhen. Tatsächlich vermittelt der Blick auf die Maximilianstraße auch einen Eindruck vom Umfang dieses königlichen Bauprojekts. Die Prachtstraße mit dem Maximilianeum in der Verlängerung ihrer Mittelachse und als deren Zielpunkt ist in einem vom König geprägten neuen Stil, dem so genannten Maximiliansstil gestaltet, der nur in München zu finden ist. Seine Merkmale sind eine spitzbogige Arkatur als Leitmotiv, die Verkleidung von Fassaden mit Terrakotta, der helle, heitere, fast graphische Gesamtcharakter und die unterschiedliche Geschosseinteilung von Schauseite und Innenbau der Gebäude.

Im Steinernen Saal des Maximilianeums hängt ein ganzfiguriges Porträt von König Maximilian II. von Bayern, dem Stifter und Namensgeber des Hauses als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Es ist eines der 19 Wittelsbacher Idealbildnisse, die der 1824 in Augsburg geborene, zunächst von seinem Vater, dann aber in Rom ausgebildete und schließlich 1906 in München verstorbene Historienmaler Julius Zimmermann zwischen 1851 und 1854 für Schloss Schleißheim geschaffen hat. Dort war die Errichtung eines Wittelbachischen Museums geplant, das dann aber zugunsten des neu gegründeten Bayerischen Nationalmuseums aufgegeben wurde. Das Porträt von Max II. blieb bis 1914 in Schleißheim.

Es zeigt den gut vierzigjährigen Monarchen in der graublauen Zeremonialtracht des 1444 gestifteten Wittelsbacher Hausritterordens vom Heiligen Hubertus, den weißblauen Federhut in der Rechten, die Linke am Schwertgriff. Der zurückgeschlagene, braun gefütterte Mantel gibt den Blick frei auf die Ordenskette. Sie besteht aus weiß-goldenen Plättchen mit Szenen aus dem Leben des Ordenspatrons zwischen abwechselnd roten und grünen Gliedern mit den Initialen ITV (In Trav Vast / In Treue fest, dem Wahlspruch des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, der den Orden 1708 erneuert hat) und aus dem achtzackigen Ordenskreuz, auf dessen rundem Mittelfeld die Bekehrung des Heiligen Hubertus dargestellt ist. Max II. steht mit dem linken Fuß auf dem hermelingefütterten Königsmantel, der über die Löwen-Armlehne des neugotischen Thronsessels drapiert ist. Am linken Bildrand kniet ein Ordensherold mit dem pfälzischen Wappenschild.

Das Gemälde Zimmermanns ist die Kopie eines Bildes Wilhelm von Kaulbachs, gibt die Vorlage aber nur in einem Ausschnitt wieder. Denn das 1889 von der Neuen Pinakothek aus dem Erbe Kaulbachs erworbene Gemälde zeigt den Thron komplett samt dem roten Baldachin und den rosenbestreuten Stufen; außerdem sind hinter dem Herold der Pfalz noch zwei Herolde anderer Stämme Bayerns sichtbar. Aber auch dieses Kaulbach-Gemälde ist nur die Kopie eines 1852 vom gleichen Meister begonnenen, 1853/54 von König Max II. gekauften und im Sommer 1854 in der Ersten Allgemeinen Deutschen Kunst-Ausstellung in München präsentierten Bildes.

Als Gegenstück zum Porträt von König Max II. hängt ein ganzfiguriges Bildnis des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph. Auch dieses 308 x 205 cm große Ölgemälde ist eine Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Bei diesem repräsentativen Bild handelt es sich um das erste Staatsporträt, das Max I. Joseph als neuen König zeigt. Dieser erscheint mit dem Schwert an seiner linken Seite im 1807 fertig gestellten Krönungsornat, bestehend aus einer weißen Tunika mit Goldstickerei und Goldfransen, einem rotsamtenen hermelingefütterten Mantel des Fabrikanten Blanchon Cortet aus Lyon sowie einem runden Hermelinkragen, über dem Kette und Stern des Hubertusordens getragen werden. Auf des Tisch, auf dem seine rechte Hand ruht, liegt auf einem Paradekissen die von Charles Percier und Jean-Baptiste de Lasne in Paris geschaffene Königskrone, eine reich mit Diamanten, Smaragden, Rubinen, Saphiren und Perlen besetzte goldene Bügelkrone mit acht Spangen, Globus und Kreuz, die noch heute in der Schatzkammer der Münchner Residenz bewundert werden kann.

Der Maler dieses Bildes ist Moritz Kellerhoven. 1758 in Altenrath im Siegkreis geboren, wurde er von Kurfürst Carl Theodor 1784 als Hofmaler nach München geholt. 1808 erhielt er hier einen Ruf an die Akademie der Bildenden Künste. Im Jahre 1830 ist er in der bayerischen Haupt- und Residenzstadt gestorben. Den Auftrag zum Porträt des Königs hatte ihm die Universität Landshut im Jahre der Proklamation Bayerns zum Königreich 1806 erteilt; ihr konnte das vollendete Bildnis nach einer Ausstellung in der Münchner Akademie im Jahre 1809 für ihren Sitzungssaal überreicht werden.

Die Krönung des Frankenkönigs Karl zum Imperator Romanorum, zum römischen Kaiser, durch Papst Leo III. am Weihnachtstag, dem 25. Dezember 800, in der Peterskirche zu Rom war für die europäische Geschichte von weittragender Bedeutung: Das eine, unteilbare Römische Reich war nun von den Griechen in Byzanz auf die Franken übertragen worden, also von Ostrom nach Westrom. Der Papst hatte diese Handlung weder auf Initiative Karls des Großen noch des römischen Volks vollzogen, sondern de facto wie de jure aus sich selbst heraus, denn damit konnte das Papsttum die Verfügungsgewalt über das Kaisertum beanspruchen. Andererseits war der Kaiser dadurch zum Erneuerer des Römischen Reiches und laut Eidesformel zum defensor et protector sanctae romanae ecclesiae, zum Beschützer der Kirche, geworden – notfalls auch gegenüber dem Papst.

Am 15. Oktober 1852 wurde ein Ölgemälde mit der Kaiserkrönung Karls des Großen bei dem Porträtisten und Historienmaler Friedrich Kaulbach (1822–1903) bestellt, dem Schüler seines 18 Jahre älteren Cousins Wilhelm von Kaulbach, die beide aus Arolsen in Hessen stammten. Das Bild war bestimmt für die Historische Galerie des Maximilianeums und gehört mit seinen Ausmaßen von 3,82 x 5,24 Metern zur größten Formatklasse dieser Gemäldesammlung. Angebracht wurde das Historienbild an der Westwand des nördlichen Saals im Maximilianeum; heute hängt es als Leihgabe der Studienstiftung im Steinernen Saal als Gegenstück zur Kaiserkrönung Ludwigs des Bayern.

Vor dem Hochaltar in Alt-St. Peter erhebt Papst Leo III. nach der Weihnachtsmesse überraschend die Kaiserkrone mit beiden Händen, um sie dem vor ihm knienden Karl auf das Haupt zu setzen. Demonstrativ hat der zukünftige Kaiser und Schutzherr der Kirche sein Schwert mit der Rechten vor dem Papst postiert. Rechts im Hintergrund verfolgen mehrere Bischöfe und Äbte zum Teil mit Misstrauen oder gar Missmut diese unerwartete, einseitige Handlung Leos. Möglicherweise befinden sich unter ihnen Vertraute Karls, wie Hildebold, Erzbischof von Köln (mit dem Reichsapfel), und Alkuin, Abt von Saint-Martin in Tours, Angilram, Bischof von Metz, Fulrad, Abt von Saint-Denis, oder Adalhard, Abt von Corbie. Genau unter Karl ist im Vordergrund voll Wut und Entsetzen Kaiserin Irene von Byzanz niedergesunken, ohnmächtig die Faust ballend ob des Raubes ihrer römischen Kaiserwürde. Daneben hält Karls junger Biograf Einhard dieses historische Ereignis beflissen und akribisch in der Vita Caroli Magni fest. Begrüßt wird die Kaiserkrönung vor allem von Karls Gefolgschaft und dem dicht gedrängten Volk Roms in der linken Bildhälfte. Hinter dem Kaiser steht – als kompositorisches Gegengewicht zum Papst – seine alemannische Gemahlin Luitgard, vermutlich mit Karls Tochter Bertha und deren Geliebten Angilbert.

Friedrich Kaulbach (1822-1903) begann seine Karriere mit großen Historienbildern. Diese trugen ihm einen Ruf als Professor an die Münchner Akademie der Bildenden Künste ein, den er aber ablehnte. Kaulbach wurde Hannoverscher Hofmaler, Professor an der Technischen Hochschule Hannover und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Aufträge führten ihn zur Porträtmalerei. Nicht nur an deutschen Fürstenhöfen, sondern auch in Frankreich und England galt er als beliebter Porträtist.

Das Monumentalgemälde Die Kaiserkrönung Ludwigs IV. des Bayern 1328 (ca. 3,80 x 5,20 Meter) von August von Kreling im Steinernen Saal, eine Leihgabe der Studienstiftung Maximilianeum, ist ein reines Zeremonialbild des hohen Stils, welches das politisch und reichsrechtlich Fragwürdige der Vorgänge von 1328 in Rom (Hubert Glaser) nicht nur außer Acht lässt, sondern geradezu in einer Geschichtsklitterung überspielt, wie ein Vergleich mit der historischen Begebenheit zeigt.

Nach dem Tod Kaiser Heinrichs VII. wurde der Wittelsbacher Ludwig der Bayer vom Kurfürstenkollegium mit nur einer Stimme Mehrheit am 20. Oktober 1314 vor den Toren Frankfurts am Main zum Römischen König gewählt. Noch bevor er am 25. November jenes Jahres durch den (unbefugten) Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt im (dazu bestimmten) Aachener Dom gekrönt werden konnte, war sein Habsburger Konkurrent Friedrich der Schöne tags zuvor durch den (dazu berechtigten) Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg an unpassender Stelle, nämlich in Bonn, zum Gegenkönig gesalbt worden. Erst durch den Sieg über das habsburgische Heer am 28. September 1322 bei Mühldorf und die Gefangennahme Friedrichs des Schönen konnte Ludwig der Bayer die Königsherrschaft endgültig für sich gewinnen. Allerdings wurde sie von dem in Avignon residierenden Papst Johannes XXII. nicht anerkannt. Nachdem dieser Papst 1324 den Bann über Ludwig gesprochen und dessen Wahl zum König annulliert hatte, sah sich Ludwig zu einem Italienzug gezwungen. Am Pfingstfest 1327 wurde ihm in S. Ambrogio zu Mailand durch Bischof Guido Tarlati von Arezzo die Eiserne Krone der Langobarden aufs Haupt gesetzt. In Rom traf er am 7. Januar 1328 ein. Dort wurde ihm am 11. Januar auf dem Capitol von der Volksversammlung das Senatorenamt angetragen. Am darauffolgenden Sonntag, dem 17. Januar 1328, wurde Ludwig in einem feierlichen Zug nach Alt-St. Peter geleitet. Nach seiner Ankunft dort wurden er und seine zweite Gemahlin, Margarete von Holland, durch die Bischöfe von Castello, Aleria und Chiron, die anschließend auch den Festgottesdienst hielten, gesalbt. Dann empfing Ludwig der Bayer aus den Händen des ghibellinischen Stadtpräfekten Sciarra Colonna im Namen des römischen Volkes die Kaiserkrone.
Auf Krelings Gemälde aber vollzieht in der Peterskirche einer der drei genannten Bischöfe die Kaiserkrönung, während Colonna etwas abseits steht, den fast 13-jährigen Sohn aus Ludwigs erster Ehe, Ludwig V. (seit 1323 Markgraf von Brandenburg), an der Hand führend. Im Zentrum kniet in goldleuchtendem Gewand Ludwig der Bayer vor dem Altar. Im Rücken des Kaisers sind die (in Wirklichkeit gar nicht anwesenden) Kurfürsten treu vereint: die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln sowie – am Schwert erkennbar – die weltlichen Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg (letzterer schon 1319 verstorben). Hinter Colonna hat sich wohl Ludwigs älterer Bruder, der ebenfalls seit 1319 tote Pfalzgraf Rudolf, halb abgewandt. Er unterstützte einst Friedrich den Schönen. Der siebte Kurfürst, König Johann von Böhmen, verfolgt das Zeremoniell von der dahinterliegenden Loge aus. Damit sollte wohl neben der im Bildtitel genannten illegitimen Kaiserkrönung Ludwigs auch dessen rechtlich eher haltbare Königskrönung in Aachen gezeigt und die durch kriegerische Entscheidung zwangsweise herbeigeführte nachträgliche Zustimmung des gesamten Kurfürstenkollegiums zur Wahl Ludwigs demonstriert werden. Links von den drei Bischöfen mit den Reichsinsignien erscheint die junge Kaiserin Margarete, daneben vielleicht auch Ludwigs älteste Tochter Mechthild und – im Schatten der Kaiserin – Beatrix von Schlesien-Glogau, die erste Gemahlin Ludwigs (gestorben 1322). Im Vordergrund des Bildes huldigen Ludwigs tapfere Mannen aus den bayerischen Hauptstädten (von links) Ingolstadt (Feuer speiender Panter als Wappentier), München (Mönch im Wappen) und Landshut (Wappen mit drei Helmen). In ihrer Mitte steht (rechts) Ludwigs Chefideologe Marsilius von Padua in der Amtstracht des Rektors der Pariser Universität. Die von einem Gewappneten gehaltene finstere Rückgestalt, die unterhalb Kaiser Ludwigs in vordersten Bildebene kniet, könnte dessen unterlegener Gegenspieler und Schattenkönig Friedrich der Schöne von Österreich sein, mit dem sich Ludwig in Wirklichkeit bereits 1325 ausgesöhnt hat.

Der Schöpfer dieses Ölgemäldes ist August von Kreling (1818-1876). Nach einer Bildhauerlehre bei Ludwig Schwanthaler wechselte er in die Malerwerkstatt des damaligen Münchner Akademiedirektors Peter Cornelius. Verheiratet mit der Kaulbach-Tochter Johanna, war er 1853 bis 1874 Direktor der Kunstgewerbeschule in Nürnberg.

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